Kelechi Amaka Madumere

Kelechi Amaka Madumere
Kelechi Madumere, HB Jesus, 2024, Courtesy the artist
Porträt
17. Juni 2025
Text: Dietrich Roeschmann

Kelechi Amaka Madumere, Trägerin des Helvetia Kunstpreis 2025, zu sehen an der Liste Art Basel 2026. Aktuell sind am Stand der Helvetia an der Liste Arbeiten von Virginie Sistek ausgestellt, Trägerin des Helevtia Kunstpreis 2024, https://artline.org/2024/06/10/virginie-sistek/
Liste Art Fair Basel, Messe Basel, Halle 1.1
16. bis 22. Juni 2025.
www.helvetia.ch

Kelechi Madumere, HB Jesus, 2024, Courtesy the artist
Kelechi Amaka Madumere
Kelechi Madumere, Down the rabbit hole, how to invest in a world that is not yours?, 2025, Ausstellungsansicht CAN Centre d’art Neuchâtel, Courtesy the artist, Foto: Sebastian Verdon, Courtesy the artist

Im Zentrum von Neuchâtel, unweit der Seepromenade, steht auf einem Sockel eine Bronzestatue des Kaufmanns David de Pury. Sein Blick ist gönnerhaft auf die Stadt gerichtet, der er nach seinem Tod 1786 fast sein gesamtes Vermögen vermacht hatte. „Wohltäter“ nannten ihn die Neuenburger:innen deshalb. Von dem Geld ließen sie Straßen bauen, Schulen, das Rathaus. Und natürlich das Denkmal zum Dank. Wieviel Blut daran klebte und somit auch an vielen öffentlichen Gebäuden in der Stadt, thematisierte eine Bürger:innen-Initiative erstmals Ende der 1980er Jahre: De Pury war im Diamantenhandel mit Brasilien wohlhabend geworden, doch sein unglaubliches Vermögen hatte er mit dem Sklavenhandel mit Afrika gemacht, auf den die Gesellschaft, an der er seit 1755 beteiligt war, mehr als 20 Jahre lang das Monopol hatte. Während der Black Lives Matter-Proteste 2020 wurde dieser Zusammenhang von kolonialer Gewalt und dem anhaltenden Reichtum der Stadt dann für einen kurzen Moment symbolisch sichtbar, als Unbekannte die De Pury-Statue mit roter Farbe übergossen hatten.

Derzeit ist in Neuchâtel die jährliche Ausstellung der aktuellen Absolvent:innen der Schweizer Kunsthochschulen zu Gast. Eine von ihnen ist die Lausannerin Kelechi Amaka Madumere (*2000). Sie hat an der HEAD in Genf gerade ihren Bachelor im Studiengang „Representaion“ gemacht. An der Plattform 25 im Centre d’art Contemporain Neuchâtel, kurz: CAN, zeigt sie ihre Arbeit „Down the rabbit hole, how to invest in a world that is not yours?“. Drei Puppen, die Schwarze repräsentieren sollen („poupées afro-descendantes“, wie Kelechi Madumere sagt), stehen erkennbar verletzlich unter einem zerbrochenen Schaukelstuhl, der kopfüber an Fäden von der Decke hängt. Sie sind liebevoll aus gebrauchten Materialien arrangiert, die bunten DIY-Klamotten selbstgenäht, die Gesichter inspiriert von Arbeiten der 98-jährigen afroamerikanischen Malerin Betye Saar, deren „Black Doll Blues“-Aquarelle 2023 in Luzern zu sehen waren. Unter den Füßen der Puppen sind PVC-Bahnen zu einer Art Schachbrettmuster gelegt, für Kelechi Amaka Madumere ein Symbol für die asymmetrischen Spielregeln einer seit Jahrhunderten von Weißen dominierten Welt. Madumere interessiert sich in ihrer künstlerischen Arbeit für die Verflechtungen von Gewalt, Kindheit und gesellschaftlichen Machtstrukturen. In ihren Installationen untersucht sie, auf welche Weise sich Unterdrückung in Körper, Materialien und Räume einschreibt. Dass sie dabei am liebsten mit gebrauchten, gefundenen, leicht derangierten Dingen arbeitet, ist nicht ohne Grund. Die Fürsorge, die sie ihnen widmet, erzählen vom Wunsch Zerbrochenes zu heilen, ohne die Spuren der Gewalt zu leugnen. Ausgangspunkt von „Down the Rabbit Hole“ war für Kelechi Amaka Madumere die Frage, was sie in dieser Stadt in einem Raum zeigen könne, der wie jeder Kunstraum des globalen Nordwestens als Institution kultureller Macht historisch eng verbunden ist mit Strategien des Ausschlusses, der Verneinung und Enteignung. Ihre Antwort ist denkbar plausibel: Eine Installation, die genau diese Zurückweisung thematisiert und zur Auseinandersetzung mit den kolonialen Ursprüngen und der brutalen Gegenwart rassistischer Gewalt auffordert. An der Eröffnung der Plattform25 wurde Kelechi Amaka Madumere für diese Installation mit dem Helevtia Kunstpreis 2025 ausgezeichnet.