Virginie Sistek, Trägerin des Helvetia Kunstpreis 2024, zu sehen an der Liste Art Basel 2025. Aktuell sind am Helvetia-Stand an der Liste Arbeiten von Yann Stéphane Biscaut ausgestellt, Träger des Helevtia Kunstpreis 2023, Liste Art Fair Basel, Messe Basel, Halle 1.1.
www.helvetia.ch
Basel Social Club, 9. bis 16. Juni 2024.
www.baselsocialclub.com
L’effet de serre (Gruppenschau). Abbatiale Bellelay, Saicourt.
29. Juni bis 18. August 2024.
www.abbatialebellelay.ch
Wer die ECAL während der Präsentation der Abschlussarbeiten 2021 betrat, dürfte nicht schlecht gestaunt haben. Denn dort lag die DIY-Version einer Designikone und inmitten der Kissensäulen, die bedenklich der Schwerkraft nachgaben, die Künstlerin selbst. Virginie Sistek (*1999) als Patronne, so lautet jedenfalls der Schriftzug auf der Matratze. Man sah kaum mehr von ihr als ihre übereinander geschlagenen Beine und ihre Hände, die das Blatt Papier hielten, von dem sie ablas. Man musste nicht die ECAL besucht haben, die viel auf ihre Tradition als Designer-Schmiede hält, um dahinter die grasgrüne Sofalandschaft „Pratone“ von Georgio Ceretti, Riccardo Rosso und Pietro Derossi zu erkennen. „Pratone“ stand für den Fortschrittoptimismus der 1970er Jahre und den innovativen Umgang mit Kunststoff. Virginie Sistek hingegen nähte ihre Version aus geblümten und gemusterten Stoffen. In Lausanne verstand man Humor, auch was die Spitze gegen patriarchal geführte Institutionen anging, ihre Diplomarbeit wurde ausgezeichnet.
Die Lausannerin, die heute in Basel lebt, erregt überhaupt Aufsehen mit ihren Abschlussarbeiten. Auch „Resurrection Ranch“, mit der sie ihr Studium am Institut Art Nature Gender der FHNW beendete und die sie auf der diesjährigen Plattform im Kunstmuseum Appenzell zeigte, wurde prämiert. Virginie Sistek ist Trägerin des Helvetia Kunstpreis 2024 und wird im nächsten Jahr auf der Liste Art Fair Basel ihre Arbeiten zeigen können. Die Installation, die aus zwei mit Jute bezogenen Kisten besteht, die jeweils mit überlangen Pferdeläufen aus Stoff verbunden sind, ist insofern typisch für das junge Werk der Künstlerin, dass ihre Arbeiten auf Recherchen basieren. Die besagte Ranch ist eine so genannte Blutfarm, auf der trächtigen Stuten große Mengen Blut abgenommen wird, um daraus das Hormon PMSG zu gewinnen. Nicht nur werden die Fohlen abgetrieben, die Stuten ihrem schlechten Zustand überlassen, das Hormon wird auch in der Massentierhaltung von Schafen, Rindern und vor allem Schweinen eingesetzt, um die Fruchtbarkeit zu steigern und die Geburten zu synchronisieren.
Zunehmend ist die Künstlerin auch in Basel präsent. So beteiligt sie sich am diesjährigen Basel Social Club während der Art Basel und bis Anfang Juni war eine Arbeit von ihr im Salts zu sehen. Es sei eine kleine Ausstellung, sagt sie, die ihr ermöglicht habe, mit dem Publikum zu interagieren. Und wirklich hat die Arbeit im Wassertank „L’envie de plaire“ etwas von einem Bühnenbild. Hat man sich unter der Miss Universe-Schärpe weggeduckt und den hölzernen Wassertank betreten, kann man sich auf der Matratze niederlassen. Ein paar Lavalampen sorgen für Atmosphäre. Ein Foto des schlafenden Jeff Bezos ist auf die Matratze gedruckt. Als Verfechter des Acht-Stunden-Schlafs inmitten rastloser Unternehmer, erzählt Sistek, und dass sie dabei auch an das Märchen von der Prinzessin auf der Erbse gedacht habe. An der Decke ist ein Bildschirm angebracht, auf dem ein Video zu sehen ist, das das Schaufenster eines Basler Ladens mit eher unfreiwillig komischen Schaufensterpuppen zeigt. Das Thema der Eitelkeit reflektiert auch ein Text, um den sie Maria Esteves bat und der im Wassertank auslag. Sistek interagiert nicht nur mit ihrem Publikum, sondern auch mit anderen Akteuren. Der Gesang könnte das Sinnbild einer solchen Praxis sein. In einer von Sisteks Performances sangen drei Frauen in Schulmädchenuniform einen Song von Carole King und tauschten dabei das Personalpronomen, so dass die Zeile „Will I still love you tomorrow“ lautete. Sie saßen wie drei Zähnchen eines Reißverschlusses auf der Bank, den Kopf auf die Schulter der mittleren Frau gelehnt und ergaben eine sehr lebendige Skulptur.