Messengers From Above. Meteoriten – mysteriöse Boten aus dem All.
ERES Stiftung, Römerstr. 15, München.
Donnerstag 14.00 bis 18.00 Uhr, Samstag 11.00 bis 18.00 Uhr.
Bis 11. Mai 2025.
www.eres-stiftung.de
Majestix, der stolze Häuptling der Gallier, hat bekanntlich nur vor einem Angst: Dass ihm der Himmel auf den Kopf fällt. Die Möglichkeit, dass das Leben auf der Erde durch einen Asteroideneinschlag ausgelöscht wird, ist vorhanden, aber weit weniger wahrscheinlich, als dass wir uns selbst zerstören. Also kein Grund zur Beruhigung. Jetzt greift die Münchner ERES-Stiftung das Thema mit der Ausstellung „Messengers from Above“ auf. Kuratorin Sabine Adler trug dafür Arbeiten von zwölf Kunstschaffenden zusammen, die sich mit in die Erdatmosphäre eindringenden Himmelsobjekten auseinandersetzen. Auch Yael Bartanas (*1970) Raumschiff-Modell zur Weltflucht, das bis vor kurzem im deutschen Biennale-Pavillon in Venedig zu sehen war, ist nun Teil der Schau.
Weil die ERES-Stiftung sich der Verknüpfung von Kunst und Wissenschaft verschrieben hat, verbinden die Präsentationen stets Fakten und Fiktion – zum höheren Zweck der Erkenntnis. Grundsätzliches zum Sachverhalt etwa hat Lukas Kindermann (*1984) zusammengetragen: Er hat ein privates Archiv aufgebaut, in dem er Dokumente zu Einschlägen seit 1492 sowie Meteoritenteile verschiedener Größe sammelt. Damals kam im elsässischen Ensisheim ein Brocken herunter, dessen Geräusch vermutlich noch der damals im nahe gelegenen Basel weilende Albrecht Dürer gehört hat. Jedenfalls hat der in seinem berühmten Kupferstich der „Melencolia“ von 1514 einen Kometen abgebildet, den man jetzt in der ERES-Stiftung betrachten kann. Er zeigt eine immer noch eindrucksvolle Darstellung von Apathie angesichts möglichen dräuenden Unheils: Da ist alle Dynamik im Himmel, die Personifikation der Melancholie sitzt sinnend und regungslos.
Der US-Pop-Artist James Rosenquist (1933-2017) wiederum schuf Ende der 1990er Jahre eine Gemäldeserie zwischen Größenwahn und Selbstironie, in der Brancusi, Monet, Picasso und er selbst im Bett von einem Meteoriten überrascht werden. In der Ausstellung ist eine Fotogravur zu „The Meteor Hits Picasso’s Bed“ zu sehen. In einer Rauminstallation „Time Apparatus“ von Julius von Bismarck (*1983) kann man dann quasi üben, dem Klops auszuweichen: Der Künstler hat einen absurden Raum geschaffen, dessen Wände mit Bildern der kosmischen Hintergrundstrahlung tapeziert sind, und in dessen Mitte zwei pendelnde Steinzeiger kreisen. Und bei Olaf Nicolai (*1962) darf man – mit Handschuhen – ein kleines, aber bleischweres Meteoriten-Bruchstück anfassen, das 1947 in Ostsibirien abstürzte. Titel: „Visitor, be my Guest“.
Das näher liegende, zwischen Schwäbischer und Fränkischer Alb gelegene, Nördlinger Ries kommt in der Schau allerdings nicht vor: Der Krater von etwa 22 Kilometern Durchmesser entstand vor rund 14,6 Millionen Jahren durch den Einschlag eines Asteroiden, der hier eine besondere geologische Formation schuf. Und auch Maurizio Cattelans hyperrealistische Plastik „La Nona Ora“, die 1999 spektakulär provokant war, in der eine Wachsfigur von Papst Johannes Paul II. von einem Meteoriten getroffen wird, wird man nicht finden. Das würde denn doch zu weit von den Tatsachen wegführen.
Dafür kann man in Regine Petersens (*1976) großformatiger Fotografie ganz genau die Oberflächenstruktur des Meteoriten „Murchison“ studieren, der 1969 in Westaustralien herunterkam. Bei der Untersuchung fand man organische Substanzen, darunter Wasser, Aminosäuren und Nukleobasen, aus denen auch die menschliche DNA besteht. Kamen also die Grundbausteine des Lebens auf der Erde einst aus dem All? Der immer noch frisch wirkende Film „Vexation Island“, den Rodney Graham (*1949) 1997 drehte, zeigt eine Art Kausalitätsschleife, die die Grenzen menschlichen Erkenntnisvermögens ganz gut auf den Punkt bringt: Ein mit Papagei und Rumfass unter einer Kokospalme gestrandeter Pirat wacht mit Platzwunde am Kopf auf, die, man ahnt es schon, nicht von einem Meteoriten stammt. Doch da droht schon neues Ungemach.