Bernd Ribbeck: Lyrischer Konstruktivismus

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5. Januar 2017
Text: Dietrich Roeschmann

Bernd Ribbeck.
Museum Haus Konstruktiv, Selnaustr. 25, Zürich.
Dienstag, Donnerstag bis Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr, Mittwoch 11.00 bis 20.00 Uhr.
Bis 15. Januar 2017.
www.hauskonstruktiv.ch

Streng genommen ist so etwas wie lyrischer Konstruktivismus ein Widerspruch. Umso bemerkenswerter ist es, dass die Arbeiten der meisten Kunstschaffenden aus dem erweiterten Feld der konkreten Kunst genau aus diesem Paradox ihre Spannung beziehen. Im Zürcher Haus Konstruktiv sind mit Nairy Baghramian (*1971), Christian Herdeg (*1942) und Bernd Ribbeck (*1974) momentan gleich drei Positionen derart konstruktiver Devianz zu sehen. Die Fluchtwege aus dem historischen Raum der geometrischen Abstraktion könnten kaum unterschiedlicher verlaufen: Während Nairy Baghramian mit ihren zahnprothesenartigen Skulpturen das Formenvokabular Salvador Dalís, Louise Bourgeois’ oder John Chamberlains aus dem Surrealen ins Technoide wendet und so dem Konzept des Unbewussten ein bissiges, vom Scheitern moderner Utopien beseeltes Retro-Future-Design verpasst, spannt die Retrospektive des Zürcher Lichtkünstlers Christian Herdeg nebenan den Bogen von dessen minimalistischen Neoninstallationen der 1970er Jahre bis hin zu seinen aktuellen, auf Podesten oder am Boden aus Leuchtstoffröhrenbündeln inszenierten Lichtfeldern, deren Palette nahezu 300 Farben umfasst. Das ätherische Glimmen dieser Arbeiten, Resultat der langjährigen Kooperation des Künstlers mit Chemikern, schärft auf überraschend plausible Weise die Sinne für das Werk des deutschen Malers Bernd Ribbeck. Dessen lohnende Soloschau im 3. Obergeschoss versammelt kleinformatige Arbeiten der vergangenen zehn Jahre, die auf den ersten Blick vor allem eines verbindet: Sie scheinen aus sich selbst heraus zu leuchten. Meist auf Millimeterpapier entworfen und dann mit Kugelschreiber und Acryl in mehreren Schichten auf MDF-Platte übertragen, zeigen Ribbecks Bilder geometrische Ordnungen, die mal an Planetensysteme erinnern, mal an fantastische Architekturen im Stil Lyonel Feiningers oder M.C. Eschers. Die geometrische Strenge seiner Bilder konterkariert Ribbeck durch ständiges Abschleifen und Überarbeiten – mit interessantem Resultat. Denn die diffusen Farbräume, die so entstehen, erweisen sich als Echokammern eines von Wassliy Kandinsky bis Emma Kunz ebenso wirkmächtigen wie ungeliebten – da als anti-modern begriffenen – Erbes der Konstruktiven Kunst: der Esoterik.