Mario Schifano

Mario Schifano
Mario Schifano, Alfa, 1965, Quenza Collection, USA, Foto: Stefan Kirkeby, © VG Bild-Kunst, Bonn 2025
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13. Oktober 2025
Text: Annette Hoffmann

Mario Schifano, When I remember.
Schauwerk Sindelfingen Eschenbrünnlestr. 15, Sindelfingen.
Mittwoch bis Sonntag 11.00 bis 18.00 Uhr.
19. Oktober 2025 bis 21. Juni 2026.
www.schauwerk-sindelfingen.de

Mario Schifano (1934-1998) muss für Städte geschaffen gewesen sein. Geboren wurde er in Homs während der italienischen Kolonialzeit. Sein Vater arbeitete in Libyen als Archäologe. Die Familie kehrte nach Rom zurück und die Hauptstadt Italiens blieb bis zu seinem Tod sein Lebensmittelpunkt. Sieht man von regelmäßigen Aufenthalten in New York und europäischen Metropolen ab. Schifano war dort, wo es brodelte. Er brachte die Rolling Stones nach Italien, die sich von ihm zu „Monkey Man“ inspirieren ließen. Er hatte Affären mit Anita Pallenberg und Marianne Faithful, und wie um das Leben eines Stars vollends auszukosten, gründete er eine Band, die ganz unbescheiden „Le stelle di Mario Schifano“ hieß. Sein Drogenkonsum brachte ihn das eine oder andere Mal mit dem Gesetz in Konflikt.

Dagegen muten seine Anfänge als Maler erst einmal unspektakulär an. Wie so viele in der unmittelbaren Nachkriegszeit war er vom Informel beeinflusst; und der Autodidakt entdeckte Emaille als Malmaterial. Erstmals wird er 1960 in einer römischen Galerie ausstellen. Dann sickerte die visuelle Kultur seiner Zeit in sein Werk, Schifano wurde vor allem als europäischer Vertreter der Pop Art bekannt. 1962 beteiligte er sich an der „International Exhibition of the New Realists“ in New York neben Künstlern wie Roy Liechtenstein und Andy Warhol. Die Schau „When I remember“ im Schauwerk Sindelfingen zeigt die ganze Bandbreite seines Œuvres von Bildern, Collagen und Zeichnungen bis hin zu Fotos und Filmen.  New York muss ihm als das vorgekommen sein, was die italienischen Futuristen versprochen hatten. Konkret Giacomo Balla erweist er in mehreren seiner Bildern Referenz. Während Balla etwa das Laufen eines Hundes als eine Art Muybridge’sche Bewegungsstudie im Bild festhält, wirken Arbeiten von Schifano wie „When I remember Giacomo Balla, New York City“ von 1964 als hätte dieser in der Menschenmasse das Tempo seiner Zeit erfahren. Die Figuren reihen sich ein in den Strom der Passanten, deren Füße der Künstler als Kontur neben- und übereinander gezeichnet hat, die Köpfe verschwinden hinter monochromen ockerfarbenen Farbblöcken. Schifano wird in den USA Zeuge der Anti-Vietnam-Protes­te, der Konsumkritik und überhaupt eines veränderten Zeitgeistes. Logos wie das von Coca-Cola wird er auf seinen Bildern isolieren und verfremden. Und er wird sich als konsequente Fortsetzung des bewegten Bildes mit dem Fernsehen und dem Film befassen. Viele seiner Bilder sollten die charakteristische runde Rahmung eines Fernsehapparates haben. Aber nicht nur auf der Leinwand findet die Gleichzeitigkeit des Lebens seine Entsprechung, dank des Schnitts auch im Film.