Museum of the Future – 17 digitale Experimente.
Museum für Gestaltung, Ausstellungsstr. 60, Zürich.
Dienstag bis Sonntag 10.00 bis 17.00 Uhr, Donnerstag 10.00 bis 20.00 Uhr.
Bis 1. Februar 2026.
Drei Fragen an Sarah Kenderdine, Co-Kuratorin der Zürcher Schau „Museum of the Future“
artline: Spätestens seit der COVID-Pandemie sind viele Ausstellungshäuser digitaler geworden. Wie gut waren die Museen vorbereitet auf die plötzliche Notwendigkeit, die Vermittlung ihrer Inhalte neu zu denken?
Sarah Kenderdine: Museen gelten seit langem als Early Adopters, und diese Experimentierfreudigkeit war hilfreich – allerdings waren die Vorbereitungen uneinheitlich. Als COVID ausbrach, stellten die meisten Institutionen schnell auf das Internet um, streamten Programme und gingen mit ihren Ausstellungen online. Doch nur wenige schufen wirklich genuine Online-Erlebnisse, und der anfängliche Innovationsschub ebbte ab, sobald die Türen wieder geöffnet wurden. Was die Pandemie aber unmissverständlich klar gemacht hat, ist die Macht der Digitalisierung, um Zielgruppen zu erreichen und zu bedienen und die Bedeutung dieser Zielgruppen für die institutionellen Aufgaben. Seitdem hat der Hype um Künstliche Intelligenz und Immersion nur zugenommen. Doch Neuheit allein ist keine Strategie. Museen brauchen Grundlagen, um Pioniere zu sein: eine systematische Digitalisierung der Sammlungen in großem Maßstab, reichhaltige Metadaten und die Klärung von Rechten, eine stabile Infrastruktur und Mitarbeiter:innen, die in der Lage sind, zu designen, zu evaluieren und zu wiederholen. Auf dieser Basis können KI und immersive Tools die Interpretation und den Zugang verbessern, ohne sie sind sie nur einmalige Experimente.
artline: Sie forschen seit langem zur Zukunft des Museums. Verstehen Sie die Zürcher Schau als Zwischenbericht des Forschungsstandes oder als Experiment mit offenem Ausgang?
Kenderdine: Das Wort „experimentell“ ist im Titel von zentraler Bedeutung. Philosophisch gesehen präsentieren wir natürlich ein mit den heutigen Technologien mögliches Museum, ein „Museum der Gegenwart“, wenn Sie wollen. Vor allem aber zeigen wir Strategien, Lösungen und Paradigmen für die Zukunft auf. Museen sind Experimentierfelder, die gemeinsam mit dem Publikum entwickelt und von sorgfältigen Bewertungen und Analysen begleitet werden. „Museum of the Future“ ist eine Provokation, um neu zu überdenken, wo wir stehen und wohin wir in den kommenden Jahren gehen könnten.
artline: Welche konkreten Einsichten in das Museum von morgen erwarten die Besuchenden?
Kenderdine: Sie erwartet eine Ausstellung, die sinnliche Erfahrungen bejaht und aktiviert und sich gleichzeitig mit den kritischen Implikationen der post-originalen digitalen Materialität von Objekten auseinandersetzt. Im Vordergrund stehen interaktive Systeme und kuratorisch ausgewählte Inhalte in hoher Qualität, die von den Besuchenden zum Leben erweckt werden und ihnen die Möglichkeit geben, Objekte neu zu verkörpern und nachzustellen. Zusammen umreißen diese einige der wirkungsvollsten neuen Modalitäten für das Museum der Zukunft.
Sarah Kenderdine lehrt Digitale Museologie an der EPFL, Lausanne.



