States of Rebirth – Körperbilder in Bewegung. Zwischen Sichtbarkeit und Transformation

Felipe Romero Beltrán, Instruction, 2022-2024, © Felipe Romero Beltrán
Review > Hamburg > Deichtorhallen
1. Juli 2025
Text: Katharina de Andrade Ruiz

States of Rebirth – Körperbilder in Bewegung.

Deichtorhallen – PHOXXI, Deichtorstr. 1-2, Hamburg.
Dienstag bis Sonntag 11.00 bis 18.00 Uhr.
Bis 17. August 2025.

www.deichtorhallen.de

Isaac Chong Wai, Falling Reversely – Support 1, 2022, © Courtesy the artist and Zilberman Gallery Berlin
Roxana Rios, Figure, Form, 2020– ongoing, © Roxana Rios

„States of Rebirth – Körperbilder in Bewegung“ im Hamburger PHOXXI, dem temporären Haus der Photographie, stellt Körper, deren Wahrnehmung, Bewegung und Transformation ins Zentrum. Die zweite Ausstellung der Reihe „Viral Hallucinations“, kuratiert von Nadine Isabelle Henrichs, fragt, wie Körperbilder entstehen, sich verändern und in welchen sozialen, medialen und politischen Räumen sie verhandelt werden. Im Fokus stehen künstlerisch inszenierte „glokale Körper“. Die Tanzwissenschaftlerin Elaheh Hatami beschreibt mit diesem Begriff lokal situierte und zugleich mit mehreren Orten verbundene, global geprägte Körper. In der Ausstellung treten neun internationale Kunstschaffende – KhingWei Bai, Felipe Romero Beltrán, Moshtari Hilal, Naomi Lulendo, Ana Maria Sales Prado, Roxana Rios, Aykan Safoğlu, Isaac Chong Wai und Farren van Wyk – in einen offenen, dialogischen multimedialen Zusammenhang. Zeitgenössische Portrait- und Performancefotografien treffen auf Objekte in Vitrinen, Skulpturen, Installationen und bewegte Bilder dokumentarischen sowie konzeptuellen Charakters.
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Ein metallischer Kettenvorhang zieht sich in Kurven durch die Ausstellungshalle und gliedert den Raum in durchlässige Zonen. Sichtachsen und mediale Kontraste schaffen Resonanzen – etwa wenn Isaac Chong Wais Spiegelarbeit „Rehearsed, Mirrored: Dance of Falling #1“ das eigene Spiegelbild der Betrachtenden mit den Monitoren von Roxana Rios’ 5-Kanal-Fotoinstallation und der Videoarbeit von Felipe Romero Beltrán als optisches Abbild der Ausstellungsszenerie verschränkt. Statt kontemplativer Einzelbetrachtung steht die inhaltliche und ästhetische Vernetzung im Vordergrund. Zentral platziert ist Beltráns in der Ausstellung prämierte 3-Kanal-Videoinstallation „Instruction“, die auf den ersten Blick wie ein Mitschnitt einer gewöhnlichen Tanzprobe wirkt. Doch zeigt die Arbeit, wie Tänzerin und Choreografin Lucia Helena You gemeinsam mit Tänzer Seu Kim und Bilal Sasse, einem jungen Marokkaner, der über das Mittelmeer nach Europa geflüchtet ist, versuchen, Bilals Fluchtgeschichte in Bewegung, Gesten und Tanz zu übertragen. Die Körper werden dabei zu Trägern von Erinnerung, zu Projektionsflächen und Speichermedien.
Andere Beiträge, etwa von Aykan Safoğlu oder KhingWei Bai, nutzen installative und fotografische Formate, um narrative Bildräume zu öffnen: Auf der Empore erstreckt sich Safoğlus zehn Meter lange Fotoskulptur aus Bilderstreifen, und Bais Arbeit „Du bist ein Traummann“ im Leporelloformat fordert uns auf, ganz nah heranzutreten. Roxana Rios‘ „Figure, Form“ thematisiert die Performativität von Geschlechtsidentitäten. Die Installation mit fünf Monitoren ist am Kettenvorhang befestigt – zu sehen sind Körper in Posen, Haltungen und Verrenkungen, jenseits binärer Codierungen. Moshtari Hilals „Plastik und Perfektion“, die sich im hinteren Raum der Ausstellung in Form einer Rauminstallation aus Zeichnungen, Collagen und dokumentarischem Material in Vitrinen entfaltet, widmet sich Schönheitsidealen und Zuschreibungen von Hässlichkeit, insbesondere an Frauenkörpern.

Thematisch spannt sich der Bogen der Ausstellung weit – von Migration, Exil, Rassismus, Widerstand über Geschlecht und Identität, Schönheitsnormen bis hin zu Kolonialismus und Apartheid. Was die Werke verbindet, ist der Körper als Verhandlungsort zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, Digitalität und gelebter Erfahrung. Der Pressetext formuliert die zentrale Frage: „Wie reflektieren, gestalten und transformieren Haltungen, Gesten und Posen die Aushandlungsprozesse gesellschaftlicher Veränderung?“

„States of Rebirth“ setzt diese Frage nicht nur diskursiv, sondern auch räumlich um. Die Gegenüberstellungen, die mediale Vielfalt und die klare kuratorische Struktur machen die Ausstellung zu einer körperlich-räumlichen Erfahrung. Keine Schau mit fertigen Antworten – sondern eine, die Möglichkeitsräume öffnet.