Eine Ausstellung für Kinder (und andere Leute)
Kunstverein Hannover, Sophienstr. 2, Hannover.
Dienstag bis Samstag 12.00 bis 19.00 Uhr, Sonntag 11.00 bis 19.00 Uhr.
Bis 6. Juli 2025.
www.kunstverein-hannover.dehttp://www.kunstverein-hannover.de
[—artline>Nord] Malen wie Raffael: für den jungen Pablo Picasso kein Problem. „Aber ich habe mein Leben lang gebraucht, wieder wie ein Kind malen zu können“, soll er später bekundet haben. Wenn er einen Kopf aus verschiedenen Blickwinkeln erfasste und in abstrahierter Formensprache auf die Leinwand brachte, entspricht das durchaus der Art und Weise, wie Kinder zeichnen und malen. Denn sie bringen aufs Blatt, was sie wissen, nicht unbedingt, was sie sehen. Ein Gesicht hat zwei Augen, eine Nase, einen Mund. Ob die nun anatomisch korrekt sitzen: egal!
Für den britischen Künstler Jeremy Deller (*1966) sind Kinder deshalb die idealen Adressaten zeitgenössischer Kunst. Konsequent, dass der Kunstverein Hannover nun Deller eingeladen hat, als Kurator eine Ausstellung zu entwickeln: für Kinder (und andere Leute). Es gibt noch einen lokalen Bezug, die Expo 2000 in Hannover. Damals ließ Deller einen bunten Clown durch die Weltausstellung ziehen, staunend über den kaum in Zweifel gezogenen Optimismus technizistischer Weltverbesserung. „Has The World Changed or Have I Changed“, lautet unverändert die Frage in Dellers nun neu zusammengestelltem, 25 Jahre altem Filmmaterial.
Viel zum Anschauen gibt es in Hannover, etwa vom Belgier Francis Alÿs. Er zeigt aus seiner weltweiten Sammlung „Children’s Game” die Nummer 20 von 2018: „Leapfrog“, das Bockspringen irakischer Kinder, wild übereinander, in karger Landschaft. Als weiteres Video: der Klassiker „Der Lauf der Dinge“ vom Schweizer Duo Peter Fischli & David Weiss, ihre 1987 im Studio inszenierte
30-minütige Kettenreaktion mechanischer, chemischer und pyrotechnischer Ereignisse. Aber auch das aktive Mitmachen erwartet Kinder (und andere Leute) in Hannover. Da gibt es etwa organisch gebogene Rohre, greiffreundlich mit Jutebändern umwickelt, von Temitayo Ogunbiyi, in Lagos tätiger Künstlerin. Sie animieren zum Klettern, Schaukeln oder Sich-Fallen-Lassen auf die Gummimatten am Boden. Ein Zeichenatelier hat David Shrigley im Oberlichtsaal des Kunstvereins eingerichtet, mit einem überlebensgroßen, künstlichen Aktmodell: spontane Arbeiten werden im Raum aufgehängt und auf Instagram geteilt.
Die Wände eines anderen, leeren Raums lässt der slowakische Künstler Roman Ondak während der Ausstellungsdauer mit Markierungen füllen: Körpergröße und Name der Person sowie Datum ihres Besuchs – ganz so, wie Eltern das Wachstum ihrer Kinder dokumentieren. Ryan Gander hat 2000 neugierige Kinderfragen auf schwarze Kugeln gedruckt, sie kullern frei im Raum. Denn wie war das doch gleich: Kriegen Wolken nun Sonnenbrand?