Choose your Filter. Browser Art seit den Anfängen des World Wide Web.
ZKM, Lorenzstr. 19, Karlsruhe.
Mittwoch bis Freitag 10.00 bis 18.00 Uhr, Samstag und Sonntag 11.00 bis 18.00 Uhr.
Bis 24. August 2025.
www.zkm.de.
Computer und Internet sind für die meisten Menschen eine „Black Box“: Man nutzt beides, die genaue Funktionsweise bleibt aber im Verborgenen. Künstlerinnen und Künstler, die mit dem Internet arbeiten und Browser nutzen, um ihre Kunstwerke zu realisieren, steigen deutlich tiefer ein – folgerichtig ist die Ausstellung „Choose your Filter“ zu den Anfängen der internetbasierten Kunst im ZKM dunkel gehalten, das Licht strahlt überwiegend von den Computerbildschirmen ab.
Rückblende: 1988/89, als das ZKM gegründet wurde, gab es noch kein Internet. Das WorldWideWeb wurde von Tim Berners-Lee erst kurz danach am CERN der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der Universität Karlsruhe (dem heutigen KIT) mit der hier angesiedelten ältesten Informatikfakultät in Deutschland kam in Bezug auf die Vermittlung neuer Computertechnologien nahezu zwangsläufig eine wichtige Rolle zu – was letztlich auch dazu führte, dass eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe die Gründung eines Zentrums vorantrieb, bei dem die Künste in die (Computer-)Forschung eingebunden sein sollten. Insofern blickt die Ausstellung im ZKM auch auf die eigenen Anfänge zurück. 1999 wurde hier der noch jungen Internetkunst mit der Ausstellung „net_condition“ erstmals eine große Bühne geboten und auch erstmals eine Plattform für eine Online-Schau geschaffen. Aus dieser Zeit stammt aus der Sammlung des ZKM die Installation „Remote Control“ von Shane Cooper, die trotz ihres Alters an Aktualität nicht zu überbieten ist: Mittels der Fernbedienung wechselt der Zuschauer aus dem Fernsehsessel heraus zwischen den beiden Kanälen „Truth 1“ und „Truth 2“ – er kann also zwischen zwei Wahrheiten wählen, was angesichts eines „Truth Social“-Kanals und Fake News in Sozialen Medien hellsichtig wirkt. Weitere frühe Kunstwerke wurden für die Ausstellung aufwändig restauriert und sind teils seit Langem erstmals wieder zu sehen.
Auf 800 Quadratmetern werden insgesamt 51 Arbeiten von 30 Künstlern präsentiert. Die Ausstellung entstand in enger Zusammenarbeit mit dem KIT, das mit zwei Forschungsprojekten zu Browser Art und „Coded Secrets“ die wissenschaftliche Basis lieferte. In einer Zeit, in der Browser einen normierten Zugang zum Internet bieten, zeigen die Kunstwerke andere mögliche Wege ins WWW auf. Sie halten Momente fest und dokumentieren, bzw. fixieren sie. Eindrucksvoll ist dies beispielsweise bei den „Google Tea-Towels“ von Thompson & Craighead nachzuvollziehen. Das Künstlerduo nutzte dafür 2002 Google auch deshalb, weil die Vormachtstellung des Browsers sich damals bereits abzeichnete. Der Recherchemoment wird auf hochwertigem Baumwolldruck fixiert, der an die englische Webtradition erinnert und gelesen werden kann als Nachhaltigkeitsaspekt in einer Zeit, innerhalb derer die Information eine immer kürzere Verfallsdauer hat. In der Anfangszeit des Internets etablierten sich zahlreiche mit dem Wasser verbundene Wörter: Wir surfen im Internet und streamen Inhalte – diese Erfahrungen hat Tim Plaisted als Grundlage für „Surface Browser“ (2004/2025) gewählt. In Kombination mit der allgegenwärtigen Bilderflut kann der User die Welle selbst reiten, wird in den (Bilder-)Tunnel unweigerlich hineingezogen. Am Ende des Ladevorgangs weitet er sich zum virtuellen Raum, in dem die geladenen Bilder näher betrachtet werden können – eine haptische Erfahrung der Wörter entsteht, die seit den Anfängen des Internets eben nicht mehr nur mit der Natur in Verbindung gebracht werden.
Mitmachen und Ausprobieren sind auch bei dieser Ausstellung wesentliche Aspekte, um die Besucher näher an die Möglichkeiten heranzuführen, die das Internet bis heute für (versierte) Kunstschaffende bietet. Damit kann sich eine schöne neue Technik-Welt auftun, die sich jedoch eher unkritisch präsentiert.