Dem Inferno entronnen. Kunst nach 1945 in Hamburg

Ausstellungsansicht im Parabel Zentrum für Kunst, Foto: Hayo Heye
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12. Mai 2025
Text: Belinda Grace Gardner

Dem Inferno entronnen. Kunst nach 1945 in Hamburg

Parabel Zentrum für Kunst, Hamburg.
Freitag 14.00 bis 18.00 Uhr, Samstag bis Sonntag 11.00 bis 18.00 Uhr.
25. Juni bis 2. September 2025.

www.parabel.hamburg

[—artline>Nord] Späte Sonnenstrahlen zeichnen einen funkelnden Pfad auf sanft wiegenden Wellen bis zum Horizont. Das Seestück „Abendlicht“ der Hamburger Malerin Ursula Schultz-Spenner (*1943) öffnet einen grenzenlosen Gedankenraum. Es gehört zu den über 950 Neuerwerbungen, die die Hamburger Kunst­historikerin Maike Bruhns in den vergangenen drei Jahren in ihre umfangreiche, auf Malerei, Zeichnung und Grafik ausgerichtete Sammlung aufnahm. Thematisch erstreckt sich diese von Meeres-, Fluss- und Hafenansichten über Erfahrungen von Verfolgung, Krieg und Exil bis hin zu Menschenbildern und Abstraktionen. Hamburger Kunstschaffende aus verschiedenen Epochen stehen im Mittelpunkt des über mehrere Jahrzehnte zusammengetragenen Konvoluts, das mittlerweile rund 3.600 Werke umfasst und ständig weiter ausgebaut wird. Mit einer Auswahl aus den jüngsten Neuzugängen startete jetzt die für die Sammlungsstiftung gegründete Ausstellungs- und Forschungsstätte Parabel in der einstigen Nikodemuskirche in Hamburg-Ohlsdorf. Künftig wird das „Zentrum für Kunst in Hamburg“ dauerhaft Schwerpunkte aus Maike Bruhns‘ vielfältigen Beständen aus dem 20. und 21. Jahrhundert im Wechsel mit eingeladenen Positionen präsentieren. Der parabelförmige Kirchenbau, von Architekt und Stadtplaner Axel Winkler anmutig umgestaltet, umfängt das großzügige Interieur wie eine umgekehrte Arche mit gewölbten Wänden.

Die Initialzündung zur anhaltenden Leidenschaft der Sammlerin für die Hamburger Kunst geht auf ihre erste Begegnung mit Bildern der jüdischen Malerin und Mitbegründerin der „Hamburgischen Sezession“, Anita Rée, 1983 im Rahmen der Ausstellung „Kunst unterm Hakenkreuz“ in der Hamburger Kunsthalle zurück. Daraus erwuchs ihre Dissertation über die Künstlerin und eine intensive Beschäftigung mit den damals noch kaum untersuchten Auswirkungen der NS-Zeit auf die Kunstgeschichte Hamburgs und deren Protagonist:innen, die 2001 im zweibändigen Werk „Kunst in der Krise“ mündete. Maike Bruhns‘ Sammlung ist Ausdruck dieser wissenschaftlichen Arbeit, die die verfolgten, verfemten, vergessenen und verschollenen Künstler:innen in den Blick rückt. So steht zum offiziellen Beginn des neuen Orts für Hamburger Kunst die Schau „Dem Inferno entronnen – Kunst nach 1945 in Hamburg“, gefolgt von der Ausstellung „80 Jahre Befreiung der Konzentrationslager“. Im Herbst 2025 macht dann ein Dialog zwischen dem chinesischen Künstler Yefu Wang und der Hamburger Künstlerin Silke Silkeborg das Wechselspiel von Licht und Dunkelheit greifbar: ein Bogen von der Geschichte in die Gegenwart, der in die Zukunft führt.