Ben Greber, Kallman-Preis 2024: Spurensicherung

Ben Greber
Ben Greber, Stillegung, Anlage, 2024, Courtesy the artist
Review > Ismaning > Kallmann-Museum
7. April 2025
Text: Roberta De Righi

Ben Greber, Fall und Gegenwart. Kalmmann-Preis.
Kallmann-Museum, Schlossstr. 3b, Ismaning.
Dienstag bis Sonntag 13.00 bis 17.00 Uhr.
Bis 27. April 2025.
www.kallmann-museum.de

Schon von weitem leuchtet die neue Fassade golden im Ismaninger Schlosspark. Kürzlich wurde das Kallmann-Museum nach eineinhalb Jahren Sanierung wiedereröffnet. Für das kleine Museum im Münchner Speckgürtel, das sich über das malerische Erbe des Stifters Hans Jürgen Kallmann hinaus der Gegenwartskunst öffnet, bedeutet der Umbau eine enorme Steigerung seiner musealen Möglichkeiten.

Die erste Ausstellung im neuen Haus zeigt Arbeiten von Ben Greber (*1979), Träger des mit 18.000 Euro dotierten Kallmann-Preises 2024. Unter dem Titel „Fall und Gegenwart“ bespielt Greber die Räume mit installativen sowie performativen und medial präsentierten Arbeiten. Der Künstler, der bei Berlin lebt und in Münster bei Ayse Erkmen und Katharina Fritsch studiert hat, interessiert sich tiefschürfend für das, was vom Land und dessen Nutzung übrigbleibt. Dabei verbindet er die Ästhetik der Minimal Art mit dem Konzept der Spurensicherung. Er behandelt Alltagsrelikte, deren Funktion nicht mehr lesbar ist, wie Reliquien und archiviert Abgüsse dieser Fundstücke wie Kostbarkeiten, etwa in der dreiteiligen Wandarbeit „Processions (Reliquiengarten)“. Überdies interessiert er sich für die Zukunft aus der Vergangenheit, hier in Gestalt des Transrapid: Dafür reiste er mit seinem niederländischen Kollegen Bram Kuypers zur einstigen Teststrecke im Emsland, zur Aerotrain-Trasse in Frankreich und zum Hyperloop im US-Bundesstaat Nevada. Von dort aus führt seine Archäologie der Gegenwart von der Utopie direkt in die Dystopie. Eine Installation vertikaler Wandelemente erinnert wiederum an leere Reliquienschreine. Sie beziehen sich auf eine Radio-Großsenderanlage, die ab 1932 bei Ismaning stand: Zwei 115 Meter hohe Holzfachwerk-Sendemaste, über die die Nazis ihre Propaganda verbreiteten, aber auch die Freiheitsaktion Bayern ihre Botschaft am Ende des Krieges. 1983 wurde das einsturzgefährdete Bauwerk gesprengt, wenige Teile befinden sich im Ismaninger Museum. Deren Maße bestimmen die leeren Schreine. So verweist Grebers vielschichtige künstlerische Objektbefragung auf eine gar nicht ferne, fast vergessene Vergangenheit des Ortes. Darüber hinaus ist erstmals eine Werkauswahl der Zweit- und Drittplatzierten des Kallmann-Preises zu sehen: Jonas Maria Ried (*1989) zeigt pointierte Video-Performances, die klassische Motive im Spannungsfeld von Mensch und Natur neu interpretieren. Und Annabell Häfner (*1993) schuf japanisch anmutende Landschaftsgemälde in Pastell und Acryl, in denen ein vager Innenraum den Blick auf Berge, Seen und Meer freigibt. Die sehr unterschiedlichen, allesamt künstlerisch überzeugenden Positionen ergeben eine unbedingt sehenswerte Zusammenschau.