Usedomer Lichter: Künstler:innenbewegung an die Küste

Sabine Curio, Blick aufs Haff im Herbst, 1990, Kunsthalle Rostock, Courtesy the artist
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21. März 2025
Text: Peter Boué

Usedomer Lichter.
Sammlungsausstellung Usedomer Künstlerinnen und Künstler

Kunsthalle Rostock, Hamburger Str. 40, Rostock.
Dienstag bis Sonntag 11.00 bis 18.00 Uhr.
30. März 2025 bis 11. Januar 2026

www.kunsthallerostock.de

Oskar Manigk, ohne Titel, 2002, Kunsthalle Rostock, Courtesy the artist
Otto Manigk, Selbstporträt, mit gelbem Pinsel, 1962, Kunsthalle Rostock, Courtesy the artist
Otto Niemeyer-Holstein, Boddenufer, 1956, Kunsthalle Rostock
Rolf Werner, Hafenlandschaft, 1984, Kunsthalle Rostock

[—artline Nord] Ganz im Nordosten der Republik, an der Küste kurz vor der polnischen Grenze, liegt die Halbinsel Usedom. Wie länderübergreifend in vielen Gegenden an der Ostsee haben sich auch hier mit Beginn des 20. Jahrhunderts zahlreiche Refugien für Kunstschaffende gegründet. Diese Rückzugsorte – „Künstlerkolonien“ genannt –, waren Ausdruck einer gewandelten Hinwendung zur Natur und zur Natürlichkeit, ein Bestreben der Kunstschaffenden, Bestandteil von etwas „Höherem“ zu sein, im Leben wie in der Kunst. Zum anderen gründete diese Bewegung aufs Land sicher auch dem Wunsch, woanders als in der Stadt zu leben und zu arbeiten – etwa in Berlin, von wo aus es schon immer einen stetigen Reiseverkehr Richtung Usedom gab. Abseits der Ostseebäder war die Szenerie damals sehr ursprünglich, was viele Künstler:innen anlockte. Doch das einfache Leben auf dem Land war oft eine Folge ihrer begrenzten Mittel.

Auch die Zeitläufte selbst spielten häufig eine wichtige Rolle: Der für seine experimentellen Werke bekannte und bis heute tätige Künstler Oskar Manigk (1934) etwa sagt, dass sich schon seine Eltern – der Maler Otto Manigk und die Malerin Rosa Kühn, die beide zur ersten Generation dieser Gruppe gehören – dauerhauft in Usedom niedergelassen hatte. Infolge des Krieges hatten sie in Berlin keine Wohnung mehr. Auch er selbst, Oskar Manigk, staatskritisch und „underground“, blieb dann eine wichtige Figur für die Künstlerorte auf Usedom, wie auch Matthias Wegehaupt (1938), ebenfalls Sohn eines Malers aus der Kunstszene der 1950er Jahre auf der Halbinsel. Der Kunstort Ückeritz, bis heute bestehend aus einer handvoll benachbarter Dörfer, wird seit den 1930er Jahren von Künstlerfamilien bewohnt, mittlerweile in der dritten Generation. Schwerpunkte ihres bildnerischen Schaffens sind, dem postimpressionistischen Maler Otto Niemeyer-Holstein (1996-1984) folgend, das Licht und die Landschaft. Die überwiegend realistische Bildsprache ging von impressionistischem und symbolistischem Stil aus und führte oft zu einer neusachlichen Erzählweise, besonders in den zahlreichen Porträts der beteiligten Künstler:innen.

Die Kunsthalle Rostock zeigt eine aus eigenen Beständen und mit Leihgaben bestückte Ausstellung über dieser drei Generationen von Maler:innen. Der kunsthistorische Kontext ihres Schaffens wird dabei ebenso beleuchtet wie das Phänomen der Künstlergemeinschaften. Zudem fragt die Schau, was Usedom als Künstlerinsel auszeichnet und ob solche Maler:innengemeinschaften heute noch möglich wären.