Kateryna Lysovenko, Roman Khimei & Yarema Malashchuk. Resonanzen des Krieges

Kateryna Lysovenko, One more mermaid, 2024, Courtesy the artist, Foto: Kuba Rodziewicz
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28. Januar 2025
Text: Dietrich Roeschmann

Kateryna Lysovenko: Animals.
Roman Khimei & Yarema Malashchuk: In Absentia.

Kunstverein Hannover, Sophienstr. 2, Hannover.
1. Februar bis 30. März 2025.
Dienstag bis Samstag 12.00 bis 19.00 Uhr, Sonntag 11.00 bis 19.00 Uhr.

www.kunstverein-hannover.de

Kateryna Lysovenko, I do not want to live in a world that reproduces collective nameless graves, I am against, 2022, Foto: Kateryna Lysovenko
Kateryna Lysovenko, Couple, 2024, Courtesy the artist, Foto: Kuba Rodziewicz
Kateryna Lysovenko, one of the ways to feel a kiss, 2024, Courtesy the artist, Foto: Kuba Rodziewicz
Roman Khimei & Yarema Malashchuk, Explosions near the Museum, 2023, Filmstill, Courtesy the artists
Roman Khimei & Yarema Malashchuk, Explosions near the Museum, 2023, Filmstill, Courtesy the artists
Roman Khimei & Yarema Malashchuk, Explosions near the Museum, 2023, Filmstill, Courtesy the artists

[— artline>Nord] Krieg zerstört alles, was Sicherheit bietet – Alltag, Beziehungen, Nachbarschaften, Städte, die Natur, ganze Landstriche, das Leben. Kateryna Lysovenko, 1989 in Kyiv geboren, hat die Annektion der Krim durch Putins Armee 2014 ebenso miterlebt wie Russlands Überfall auf die Ukraine 2022. Die massive Bedrohung der jungen Demokratie durch Gewalt blieb nicht ohne Einfluss auf ihre künstlerische Arbeit. In ihren Bildern, Zeichnungen und Aquarellen bietet Lysovenko ein buntes Personal von Frauen und Kindern, Tieren und Pflanzen, mythologischen Wesen und anderen Organismen auf, die der Logik der systematischen Zerstörung widerständige Formen des Lebens und Überlebens entgegensetzen. Ihre Bilder, oft traumartig verrätselt und zugleich überaus aufrichtig in der Engführung von Angst, Sehnsucht, Trauer und Stärke, imaginieren bessere Orte – nicht nur für kommende Generationen, sondern auch für das Hier und Jetzt. „Man kann von einer Explosion unter dem Fenster aufwachen, in der Besatzung aufwachen, ohne das Recht auf Sprache und Leben aufwachen, überhaupt nicht aufwachen, alles ist schmerzhaft berührend in seiner Unzuverlässigkeit, alles verwandelt sich in Geschichten, es scheint, dass sich entfaltende Geschichten und Erinnrungen, das Einzige sind, was man sein Eigen nennen kann und in unserem nicht ruhigen Land nicht verloren gehen kann“. In Hannover wird Katryna Lysovenko, die die Ukraine mit ihren beiden Kindern mittlerweile verlassen hat, einen der beiden Flügel des Hauses mit ihrer Malerei bespielen.

Im anderen Flügel zeigt das ukrainische Filmemacher-Duo Roman Khimei & Yarema Malashchuk seine aktuellen Arbeiten, darunter den Film „Explosions near the Museum“ von 2023. Die Arbeit kreist mit forensischem Blick um die Plünderung des Heimatmuseums von Kherson durch russische Truppen Ende 2022, bevor die ukrainische Armee diese zurückdrängen konnte. Das Duo drehte in den verwüsteten Räumen, während aus der Ferne noch die Detonationen der nahen Front zu hören waren. Ihre Kamera dokumentiert leere Vitrinen, verwaiste So­ckel, Wände mit den Schatten abwesender Dinge sowie die im Museum verbliebenen Exponate aus der über 170.000 Objekte umfassenden Antikensammlung, der ehemals größten der Südukraine. Was die Täter zurückließen, verrät, wie professionell sie vorgingen. In eingesprochenen Beschreibungen der fehlenden Objekte füllen Khimei und Malashchuk die Leere, die ihre Kamera festhält – und erzählen zugleich von der gewaltvollen Präzision, mit der der russische Angriffskrieg auch auf die Zerstörung des kulturellen Gedächntisses als Grundlage gemeinschaftlichen Lebens zielt.