Nina E. Schönefeld

Nina E Schönefeld
Nina E. Schönefeld, RIDE OR DIE, 2024, Videostill; Worst Case Scenario, 2024, © Nina E. Schönefeld
Porträt
1. Januar 2025
Text: Jürgen Moises

Nina E. Schönefeld: No Future No Hope.
Lothringer 13 Halle, Lothringersr. 13, München.
Dienstag bis Sonntag 11.00 bis 19.00 Uhr.
Bis 2. Februar 2025.
www.lothringer13.com
www.ninaeschoenefeld.com

Nina E Schönefeld
Nina E. Schönefeld, Auch die schwärzeste Stunde hat nur 60 Minuten, 2024, © Nina E. Schönefeld
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Nina E. Schönefeld, Auch die schwärzeste Stunde hat nur 60 Minuten, 2024, © Nina E. Schönefeld
Nina E Schönefeld
Nina E. Schönefeld, Auch die schwärzeste Stunde hat nur 60 Minuten, 2024, © Nina E. Schönefeld

Die Zukunft, die sieht düster aus, wenn man etwa in die Ukraine, in die USA blickt. Oder allgemein auf Europa, wo rechte und autokratische Kräfte erstarken. Wo das hinführen könnte, mag man sich als Pessimist nicht ausmalen. Aber tatsächlich muss man das gar nicht. Denn die Berliner Multi-Künstlerin Nina E. Schönefeld hat das in ihren Arbeiten bereits getan. Darin wagt sie den Blick in die Jahre 2027, 2039 oder 2043. Und was es darin zu sehen und zu hören gibt, lässt einen frösteln. Autokraten und rechte Populisten bestimmen die Politik und das Leben in nicht namentlich genannten Ländern. Und die Menschen dort sind der totalen Überwachung und Kontrolle ausgesetzt.

Die entscheidende Frage lautet für die Protagonist*innen nun: Wegschauen oder Aufstehen? Zumindest ist das in der Videoarbeit „Ride Or Die“ von 2024 so, die aktuell in der gleichnamigen Ausstellung im Berliner Kunst-Zentrum Kindl und gleichzeitig in der Solo-Schau „No Future Hope“ in der Lothringer 13 Halle in München zu sehen ist. Hier ist es das Jahr 2039, in das uns die 1972 in Berlin geborene Künstlerin entführt. Im Zentrum steht ein junges Journalist*innenpaar, das unter den düsteren Entwicklungen in seiner Heimat leidet. Wie es dazu kommen konnte, fragen sich die beiden. Und bald: Wie kommen wir hier wieder raus?

Erzählt wird das mit stylischen Filmbildern, auf denen unter anderem ein Sportwagen im Zeitraffer durch die Nacht rast. Auch die Protagonist*innen sehen ziemlich cool und schick aus. Den Kontrast dazu bilden dokumentarisch wirkende Aufnahmen von gepanzerten Sicherheitskräften. An manchen der Filmbilder hat die KI mitgewirkt. Im Off hört man die Protagonist*innen sprechen oder denken. Dann gibt es immer wieder Sätze, die wie Zitate klingen, wie etwa: „Life and democracy are more important than philosophy as such“. Der schmissige Soundtrack dazu mischt Techno und Barock-Etüden.

Das Ergebnis ist genauso abschreckend wie verführerisch. Und bei einem Künstlerinnen-Gespräch in der Lothringer 13 erzählte Nina E. Schönefeld, dass sie genau das auch erreichen will: Zukunftsszenarien erschaffen, die provozieren und gleichzeitig eine Sogwirkung entfalten. Wie eine Thriller-Serie auf Netflix, das mit den „Serienmarathons“ unsere Wahrnehmung verändert habe. Als weitere Vorbilder nannte sie Filmklassiker wie „Vertigo“ von Alfred Hitchcock oder „Stalker“ von Andrei Tarkowski. Und sie sagte, wie wichtig bei alledem die Kameraarbeit von Valentin Giebel sei, mit dem sie seit sieben Jahren als „Miniatur-Team“ zusammenarbeitet.

Studiert hat Nina E. Schönefeld an der UdK Berlin, sie war Meisterschülerin bei Hans-Jürgen Diehl. Stipendien führten sie ans Central Saint Martins College und Royal College of Art in London. Ausstellungen hatte sie unter anderem in New York, Melbourne und Tokio. Ihr politisches Bewusstsein führt sie auf ihre Eltern zurück: Einen Soziologie-Professor und eine Mutter, die als Programmiererin und Statistikerin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung arbeitete. Und die, so Schönefeld, eine „großartige Feministin“ sei. Starke Frauen bevölkern auch die Filme. Einige sind von Künstlerkolleginnen, Umweltaktivistinnen oder Investigativ-Journalistinnen inspiriert. Bei einem jungen Publikum kommt das gut an, genauso wie die oft an Videoclips erinnernden Filmbilder. Eine sich wiederholende „Signature“-Szene: Menschen, die sich langsam eine Maske vom Kopf ziehen. Was laut Schönefeld für „proaktiven Widerstand“ steht. Aber: Es sieht halt auch cool aus. Und am Ende ist vielleicht ja gerade das Schönefelds inspirierende Botschaft. Dass Widerstand nicht nur wichtig ist, sondern auch sexy.