Angelina Kuzmanovic.
Regionale 25.
Fabrikculture, 60, rue de Bâle, Hégenheim.
Samstag bis Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr.
www.fabrikculture.net
www.regionale.org
angelina-kuzmanovic.de
Selbst wenn da nicht dieser Titel wäre, man würde, was man sieht, für ein Schlachtfeld halten. In Angelina Kuzmanovics Arbeit „Battlefield“ aus dem Jahr 2020 schiebt sich ein Arm aus einer dunklen Masse heraus. Er ist angewinkelt, als ob sich jemand aufstützen würde. Der eigentliche Körper verschwindet hinter sehr viel Farbe. Darunter ragt ein Fuß hervor, die Zehen sind gespreizt und finden Halt in einem netzartigen Gebilde. Der angedeuteten Figur steht eine weitere dunkle Masse gegenüber, die ihr anscheinend zugewandt ist. In der Mitte prallt alles aufeinander, vereint durch Pinselstriche und Farbe, vor einem orange-roten Hintergrund, der an einen Brand erinnert. Eine Wolke aus Blau erhebt sich aus der linken schwarzen Masse.
Doch wer oder was kämpft hier? Zwei Ideen, die miteinander im Widerstreit sind? In Hegenheim ist die Arbeit bei der Regionale 25 unter dem Titel „From Chaos to Order and Back“ zu sehen. Die 1968 in Jugoslawien geborene Kuzmanovic schreibt über ihr Bild: „Die realistisch und akribisch gemalten Körperteile suggerieren eine Präsenz des Körpers als Ganzes und stören zugleich als Fremdkörper die abstrakte Komposition in ihrer dynamisch-aggressiven Erscheinung. Mit diesem formell-informellen Spiel, konfrontiere ich die materielle und immaterielle Welt und ich setzte sie in Konflikt, aber wie Seele und Leib in ihrer ganzen Fremdheit immer wieder den Dialog suchen, so kämpfen auch die Elemente des Bildes darum ein Ganzes zu werden.“
Folgt man der Künstlerin, dann befinden sich hier Leib und Seele in einem Kampf, der über das Chaos zur Ordnung führt. Das chaotische Streben nach Ordnung führt wieder zu einem anderen Chaos. Leib und Seele – Realismus und Abstraktion: dies finden wir auch im Menschen wieder. Denn der Mensch ist grundlegend für Kuzmanovics Kunst. Auch in neueren Arbeiten finden sich menschliche Gliedmaßen. Zurzeit arbeitet sie an einem Bild, an dem die Darstellung einer Hand als Referenz angeheftet ist. Oft malt sie ihre eigenen Hände. Aber warum eigentlich Hände und Füße? Das sind unsere Werkzeuge, die unsere Körper an andere Orte bringen. Sie interagieren am stärksten mit der Umwelt und sie sind wohl der dynamischste Teil unseres Körpers.
„Es geht immer weiter um den Menschen“, sagt sie im Interview. Um den kämpfenden Menschen, um den, der sich selbst die Absolution erteilt. Ihre Installation „Ego Me Absolvo“ besteht aus etwa 200 Kettenzuggriffe einer Wasserspülung, die aus Keramik gegossen sind und durch Textfragmenten aus Dantes „Göttlicher Komödie“ ergänzt sind. Diese Klogriffe hängen an einem Gitter von der Decke, das durch einen kleinen Motor immer wieder leicht in Schwingung versetzt wird. Dann gibt es noch einen weiteren, wesentlich größeren Griff und mehrere kleinere, in die Asche, Blut, Eierschalen in Epoxidharz gegossen sind. „Man muss allein wirklich alles bekämpfen und durchmachen“, führt sie dazu aus. „Deswegen diese Installation, da sind Klogriffe und man versteht es sofort. Aha, man zieht, um etwas herunterzuspülen. Jeder muss durch seine Hölle und die neun Kreise allein durchqueren.“
Auch bei einem weiteren Objekt, „Sujet I“ geht es um die menschliche Existenz. Es besteht aus Eierschalen und Asche, welche von Epoxidharz eingeschlossen sind. Die schwarze Asche steigt aus den weißen Eierschalen hervor und erschafft ein wolkenartiges Gebilde. „Unsere ganze Substanz? Ist von Dualismus geprägt“, gibt sich Kuzmanovic überzeugt. Das Weiße und das Schwarze, Eierschalen und Asche, Leben und Tod.
Kunst war für Angelina Kuzmanovic schon immer Teil ihres Lebens. Sie ging auf ein Kunstgymnasium, später auf eine pädagogische Kunstschule bis sie schließlich an der Kunsthochschule für bildende und angewandte Kunst in Belgrad studierte. Dort eignete sie sich ein großes Repertoire an Stilrichtungen und Techniken an. Mehre Jahre lebte sie in Rom, 2005 zog sie nach Freiburg. Lange Zeit hat sie nur nachts gearbeitet. „Die Energie vibriert anders, das Chaos des Tages ist nicht da. Ich bin dann voll konzentriert und total allein in meiner Welt. Das liebe ich. Ich bin dann freier von alltäglichen und notwendigen Dingen.“
Ehrlichkeit gegenüber sich selbst, ist Kuzmanovic wichtig, Trends interessieren sie nicht. Kuzmanovic macht keine Skizzen, will lieber spontan und intuitiv sein. Denn, was bringt eine Skizze, wenn man sich an ihr bereits erschöpft? Am liebsten arbeitet sie überhaupt mit Ölfarben, die einen ganz eigenen Klang haben. Zwar benutzt sie für den Hintergrund auch Acryl, da es schneller trocknet.
An der diesjährigen Regionale zeigt Angelina Kuzmanovic nicht nur ihre Arbeiten, sie hat zusammen mit Chris Popovic und Michael Ott die Ausstellung im Freiburger T66 kuratiert. Auch die Ausstellung mit Arbeiten von Xavier Colonel, Horst Kiechle und Peter Steinmann reflektieren ihre Interessen. „Es dreht sich immer um den Menschen, den Leib und die Seele, den Kontrast, Dualismus, was eigentlich die Sphären meiner Interessen und Themen in meinen Arbeiten spiegelt, wobei die drei ausgestellten Künstler eine ganz andere Sprache haben. Die drei Positionen sind auch zwischen einander sehr unterschiedlich und genau diese Unterschiede und Kontraste zusammen in einen harmonischen Dialog zuzuschließen, ist das, was mich inspiriert.“
Angelina Kuzmanovics Kunst ist vielfältig in ihrem Umgang mit dem Thema Mensch. Sie ist facettenreich, aufrichtig und gibt einen Einblick in ihre Weltsicht. Sie spielt mit alltäglichen Gegenständen oder Körperteile, um etwas zu schaffen, was zum Denken anregt, was Persönlichkeit hat.