Keramikkünstlerhaus,
Fürsthof 8, Neumünster.
Ausstellungen: Freitag bis Montag 14.00 bis 17.00 Uhr, Mittwoch 14.00 bis 20.00 Uhr;
Offenes Atelier: Donnerstag bis Freitag 14.00 bis 17.00 Uhr, Samstag 10.00 bis 13.00 Uhr.
Jantje Almstedt: Schlingischlongi – vom Mäandern,
29. September bis 5. Oktober 2024.
Weitere Informationen und Ausstellungstermine unter keramikkuenstlerhaus.de
[—artline Nord] Künstlerhäuser sind ein verbreitetes Phänomen in der deutschen Kunstlandschaft. Künstlervereine konzipierten sie in der Mitte des 19. Jahrhunderts, um bessere Vermittlungs- und Vermarktungsbedingungen für ihre Mitglieder zu schaffen. Ateliers- und Ausstellungsräume kombinierte man architektonisch mit temporären Wohnräumen für die in der frühen Moderne zumeist männlichen Kunstschaffenden. Hier konnten zum einen regelmäßig Ausstellungen zu optimalen Bedingungen geschaffen und auf der anderen Seite gesellige Zusammenkünfte und Veranstaltungen organisiert werden. Dabei widmen sich die meisten Künstlerhäuser den zwei prominentesten Gattungen der Bildenden Kunst: Malerei und Bildhauerei. Für die Keramikkunst war im Zeitgeist des späten 19. Jahrhunderts ideologisch noch kein eigener Raum vorgesehen. Lange wurde sie noch als Töpferkunst bzw. im Zuge der Industrialisierung des späten 19. Jahrhunderts als Porzellan und damit als reiner Gebrauchsgegenstand des alltäglichen Lebens bewertet. Erst im Zuge des 20. Jahrhunderts konnte sie sich zu einer eigenständigen Gattung der Bildenden Kunst aus dem Schatten des Kunsthandwerks entwickelt. Die neue Akzeptanz der modernen Keramik führte dazu, dass Ausbildung und ästhetische Forschung nun nicht mehr nur an Werk- und Meisterschulen stattfanden, sondern vermehrt an Akademien platziert wurden. Die Folge dieser Aufwertung war ein zunehmendes Interesse der breiten Öffentlichkeit an der Keramikkunst als Kunstgattung.
Das Keramikkünstlerhaus in Neumünster, angesiedelt im historischen Stadtzentrum von Neumünster trägt genau dieser Aufwertung Rechnung. Gegründet 1987 durch die Dr. Hans Hoch Stiftung, vergab das Künstlerhaus anfänglich zwei- und dreijährige Arbeitsstipendien an einzelne Kunstschaffende oder Künstlerpaare. Seit 2013 lebt in den Wänden im Fürsthof ein anderes Konzept der Kunstförderung. Unter dem Titel „Ceramic Artist in Residence“ lädt die Stiftung jährlich zehn junge Künstlerinnen und Künstler ein, das Künstlerhaus ästhetisch-forschend für jeweils einen Monat zu bespielen. Bewerbungen für das Programm erreichen die Stiftung aus der ganzen Welt. Eine Fachjury entscheidet über die Vergabe der zehn Stipendienplätze. Der Ausstellungsraum sowie eine Werkstatt mit einem Gas- und Elektrobrennofen befindet sich im Erdgeschoss des dreistöckigen Backsteingebäudes von 1900. Im ersten Stock ist die Stipendiatenwohnung untergebracht. Besuchern können die Gastkünstler im offenen Atelier des Keramikkünstlerhauses sowie bei Präsentationen, Workshops und Interventionen kennenlernen. Geleitet wird das Künstlerhaus Neumünster seit über einer Dekade von Künstlerinnen, die das Haus mit ihrer jeweils ganz eigenen künstlerischen Handschrift geprägt haben. Ausgangspunkt ist hierbei die Auffassung, dass moderne Keramik keine von Gleichgesinnten getragene neue Stilrichtung ist, sondern sich aus der Wertschätzung des Materials Ton als künstlerisches Gestaltungs- und Ausdrucksmittel definiert.
Seit März 2024 hat die Keramikkünstlerin Jantje Almstedt die Leitung des Hauses von Katja Jaroschewski übernommen. Sie fokussiert in ihrem Werk auf den Menschen in seiner Komplexität. Humor ist in der Akzentuierung ein wichtiges Vehikel, um gesellschaftliche Konzeptionen von Moral und Regelwerken zu überdenken. Almstedt, die sich mit dieser Ausstellung als neue künstlerische Leiterin des Hauses vorstellt, präsentiert eine Auswahl von Skulpturen, die sie zu Beginn ihrer Arbeit im und am Künstlerhaus geschaffen hat. Der Ausgangspunkt dieser neuen Werkgruppe ist die Thematik des Zusammenhaltens und Auseinanderdriftens. In einer Vielzahl von Materialexperimenten untersucht sie Verbindungen zwischen Objekten, die abstrakt gehalten menschliche Körper, Natürliches und Künstliches assoziieren lassen.