Ulrich Rückriem.
Kloster Schönthal, Langenbruck.
Freitag 14.00 bis 17.00 Uhr, Samstag bis Sonntag 11.00 bis 18.00 Uhr.
Bis 29. Oktober 2023.
www.schoenthal.ch
Schon lange hütet eine uralte Föhre den „Tempel“ aus Granit (1987) von Ulrich Rückriem in der Juralandschaft. Mit der Ausstellung wird der lange gehegte Wunsch von John Schmid wahr, dem 85-jährigen Bildhauer eine Soloschau zu ermöglichen. Transport und Aufstellung waren aufwändig – nun sind sieben Arbeiten in Stein aus den letzten Jahrzehnten in Langenbruck angelangt, bespielen Aussen- und Innenraum der historischen Abtei. Werkzeichnungen, die Rückriems konzeptuelles Denken sichtbar machen, ergänzen die Schau im Eingangsbereich zur Kirche und im Abtsaal. Sie entstanden zur Unterstützung der Arbeiter im Steinbruch, welche die Blöcke nach den Vorgaben des Meisters in die gewünschte Form sprengten. Darin wird sichtbar, dass Rückriem jeweils wenige gezielte Eingriffe basierend auf Rasterfeldern vornimmt, um den Stein mit horizontalen und vertikalen Schnitten in Fragmente zu zerlegen.
Im Kontext einer Neuausrichtung der Skulptur der 1960er Jahre wurde der Bildhauer als europäische Variante zum US-amerikanischen Minimalismus bekannt. Im Unterschied zu den Kollegen Donald Judd, Sol LeWitt und Carl Andre führen Rückriems Werke den Arbeitsprozess vor Augen: Das Zerlegen und Wiederzusammenfügen der Einzelteile zum ursprünglichen Volumen. An Bohrlöchern und Spalten wird die technische Bearbeitung der Steine ersichtlich und lässt eine zugrunde liegende Ordnung erkennen.
Das Material seiner Werke ist sinnlich – kühl deren Formgebung. Die Steine, deren Farbe vom Rötlichen bis zum tiefsten Anthrazit changiert, sichtbare Verläufe von Adern der über Jahrhunderte gewachsenen Substanz, raue oder polierte Oberflächen, unruhig gebrochene oder klare Kanten, kontrastieren mit der spröden Formensprache, die in flachen Bodenstücken, Kuben oder Stelen in Erscheinung tritt. Im Klosterhof steht ein Kubus aus rosafarbenem Granit wie ein Ambo. Seine Schwere von mehreren Tonnen wirkt auf den Körper ein, dennoch scheint er, mit 130 Zentimetern Höhe, nicht wuchtig. Ein horizontaler Schnitt teilt sein Volumen in Hälften. Der obere Teil ist mit vier vertikalen Schnitten in neun Kuben gesägt, die auf der unteren Hälfte lasten. Weiter vorne im Hof liegt, diagonal verschoben, ein flaches Bodenstück aus grauem Granit. Die beiden Werke stellen den Klosterhof mit seinen schiefen Mauern unter Spannung. Auch im Innenraum der Kirche wird die Raumwahrnehmung aktiviert, wo weitere Werke, kleinere und grössere Volumen, orthogonale und schiefe Linien, verschiedene Formen und Materialien zu erleben sind. In den historischen Mauern betonen Rückriems Skulpturen die Gegenwart, sind gleichzeitig von zeitloser Kraft.