Wenzel Hablik: Tropengluten und Kakteenbäume

Wenzel Hablik, Illiampu, Sorata, 1926, © Wenzel Hablik Stiftung, Itzehoe
Review > Itzehoe > Wenzel Hablik Museum
13. September 2022
Text: Hajo Schiff

Tropengluten und Kakteenbäume. Habliks Reise nach Südamerika

Wenzel-Hablik-Museum,
Reichenstr. 21, Itzehoe.
Dienstag bis Samstag 14.00 bis 17.00 Uhr. Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr.
Bis 6. November 2022

www.wenzel-hablik.de

[—artline Nord] Er hat als Mitglied der Künstlervereinigung „Gläserne Kette“ kristalline, futuristisch-utopische Glaspaläste auf den Spitzen der Alpen entworfen und Bilder des Universums gemalt, als ob er 2432 an Bord eines intergalaktischen Raumschiffs gewesen wäre. Doch der der Liebe wegen ins eher irdische Itzehoe verschlagene, 1881 im böhmischen Brüx geborene tschechische Expressionist hat auch auf der realen Erde so manche Reise unternommen. Denn vielleicht lässt sich das Außerirdische in Spuren auch auf dieser Erde finden. Die heute arg in Verruf gekommene Begeisterung besonders unter den Expressionisten für das Exotische, war damals bei aller impliziten kolonialen Herablassung ein ernsthaftes Interesse an den fremden Welten, deren Inspirationen in Bilder, Design-Objekte und Raumgestaltungen übersetzt wurden. Schon 1910 bereiste Wenzel Hablik monatelang den Orient, 1925 beginnt er eine zehnmonatige Südamerika­Reise: „Jetzt bin ich also dort, wohin man mich so oft gewünscht hat ,nämlich da, wo der Pfeffer wächst!’“, schreibt Hablik selbstironisch an seine Ehefrau Elisabeth Hablik-Lindemann.

Es wäre ahistorisch, solche weit über heutige Kurzurlaube hinausgehenden Welterforschungen rückwirkend zu verurteilen. Dass dann Bilder von paradiesisch blühenden Säulenkakteen vor bläulichem Gebirgshintergrund oder wasserumflossene, sehr artifiziell wirkende Erdpyramiden später den Eindruck erwecken, nicht von dieser Welt zu sein, ist bei dem immer die Realität in das Visionäre transzendierendem Kunst-Charakter Wenzel Habliks kaum ein Wunder. Die Gebirge offenbaren symbolisch ihre Goldadern und die intensiv blau leuchtenden Berggipfel ähneln eher geträumten Problem-Türmen oder auch unerreichbaren Ideal-Orten als realer Natur. Denn der begeisterte Künstler findet immer, was er sucht, nicht eigentlich das, was in der Welt der Fall ist.

Erstmals präsentiert das Wenzel Hablik gewidmete Personal-Museum in Itzehoe nun zu dieser bisher noch nicht vollständig dokumentierten Südamerika-Reise eine Ausstellung. Sie zeigt in Ölgemälden, Aquarell- und Temperazeichnungen, wie der hitzige Blick der Expressionisten in den Tropen eine ohnehin üppige Natur noch einmal dramatisch übersteigert – nicht zuletzt unter dem Eindruck eines anderen und intensiveren Lichtes. Und ja, Menschen kommen gelegentlich in fast abstrakte Farben aufgelöst auch vor, doch die überwältigend üppige Natur dominiert die Eindrü­cke in Bolivien, Chile und den West-Indischen Inseln – auch noch später im Nachklang bis hin zu den neuen Farbkombination auf Einrichtungsgegenständen.