Spurensuche: Die Zeit geht in den Raum

David Semper, GEISTER (Am Kivitzbusch, Neuss), 2018, Courtesy the artist, © VG Bild-Kunst, Bonn 2021
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16. Dezember 2021
Text: Annette Hoffmann

Spurensuche.
PEAC Museum, Robert-Bunsen-Str. 5, Freiburg.
Dienstag bis Freitag, Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr.
Bis 20. Februar 2022.
www.peac.digital

Mit Spuren verhält es sich wie mit der Kommunika­tion: man kann sie nicht nicht hinterlassen. Die Kugelschreiber, Blei- und Buntstifte sowie Schraubenzieher, die Florian Thate (*1982) auf seinen ausgedehnten Wanderungen durch Stadtbrachen gefunden hat, mögen keine Spuren sein, die jemand bewusst gelegt hat, doch Hinweise auf Leben sind sie allemal. Der Freiburger Künstler hat sie sich angeeignet und durch Tape Griffe ergänzt. Er hat sie einerseits als Werkzeug eingesetzt, um zahllose Tafeln zu gravieren und als Farbmaterial, bis es zur Neige ging. In der Gruppenschau „Spurensuche“ im Freiburger PEAC Museum nehmen die Tafeln nun aneinander gereiht eine ganze Wand ein. Und andererseits werden diese „Tools“ als autonome Objekte gezeigt.

„Spurensuche“ spielt in neun Räumen und noch mehr Positionen durch, was passiert, wenn Zeit in den Raum geht. Da findet sich Gebrauchspatina, Einflüsse auf das eigene Werk werden aufgezeigt und oft vollzieht sich das Werk selbst als Spurensuche. Karoline Bröckel (*1964) übersetzt Zeichen in Zeichnungen. Es sind die Bewegungen, die sie an Insekten oder Vögeln beobachtet; etwas Ephemeres, das schon vorbei ist, wenn man den Blick vom Blatt hebt. Bröckels Tuschzeichnungen sind keine Dokumentationen, sie übersetzt ihre Wahrnehmung in ein völlig anderes Medium, was die Frage aufwirft, wie groß die Übereinstimmung zwischen dem Nachhall und dem sein muss, was ihn verursacht hat. Eine Spur jedenfalls ist kein Schatten. Einige der gezeigten Arbeiten lassen sich geradezu lesen, so stehen die Grafitstifte, die David Semper (*1980) in gefundene Spanplatten getrieben hat, gerade noch so hervor, dass man den Hof um sie als Materialabrieb erkennt. „Geister“ hat Semper diese Werkreihe genannt. Der Titel erinnert an jene frühen Fotografien, auf denen Licht oder Manipulationen ominöse Erscheinungen entstehen ließen. Wollte man diese Spuren verfolgen, man würde keine Geister, aber die komplexe Mentalitätsgemengelage des 19. Jahrhunderts entdecken.

Lebensspuren zu konservieren und Erinnerungen zu erschaffen, war wohl das eigentliche Ziel von Simone Demandt (*1959) als sie nach dem Tod von Pierre Boulez, mit dem sie befreundet war, Fotos in seiner Villa machte. Aus Ärger, dass ihr eine Verwendung dieser Aufnahmen untersagt wurde, zerknüllte sie diese und legte so einen neuen Pfad für die Gruppe „PB_Heritage“. Demandt arrangierte sie und fotografierte sie ab, so dass man beim Betrachten der Farbdrucke Fragmente der Einrichtung erkennen kann, aber doch etwas völlig  Anderes vor sich hat.