Die Sommersaison im Pavillon Le Corbusier startet

Pavillon Le Corbuiser, Zürich
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28. April 2021
Text: Christoph Schneider

Pavillon Le Corbusier, Höschgasse 8, Zürich.
www.pavillon-le-corbusier.ch

Neue Ausstellung:
Le Corbusier und die Farbe.
7. Mai bis 30. Oktober 2021.

 

Le Corbusier vor dem Paravent in der Halle des Immeuble Molitor. Bemalte, mit Beton hintergossene Welleternitplatten, ausgeführt als Prototyp einer Brise-soleil-Konstruktion, Foto: © Willy Rizzo, 1959
Le Corbusier, Wallfahrtskapelle Notre-Dame-du-Haut, Ronchamp FR, 1950–1955, Glasmalerei «Marie», © Foto: Christian Brändle, 2020
Le Corbusier, Usine Claude et Duval, Saint-Dié-des-Vosges FR, 1946–1950, Farbgestaltung der Deckenfelder in der Produktionshalle, 1950, polychrome Aufteilung der einzelnen Deckenfelder; Farbe stösst an Farbe, © Foto: Arthur Rüegg, 2020
Le Corbusier, Pavillon Le Corbusier Zürich, Detail der Fassade, © Foto: Georg Aerni
Le Corbusier, Galerie der Villa La Roche (1923–25), Foto, © Arthur Rüegg
Le Corbusier, Loggien der Unité d’habitation in Marseille, Foto, © Arthur Rüegg
Musterbuch der Firma Salubra AG. Aufgeschlagen ist die Seite mit den kleinformatigen Punkt-Dessins, Foto: Umberto Romito und Ivan Suta, 2021, Museum für Gestaltung Zürich / ZHdK

Stehen da etwa ein paar aufeinander gestapelte und nebeneinander geschobene farbige Schiffscontainer mitten im Park am Zürichsee? Der Blick täuscht, spätestens wenn man das gesamte komplementäre Ensemble erfasst: den zentralen Gebäudekubus mit modularen Raumelementen, die frei stehende schirmartige Dachkonstruktion und den seitlich angefügten Betonkörper mit Erschließungsrampen – eine Architektur zwischen Funktionalität und Skulptur.

Der Pavillon Le Corbusier ist ein programmatisches Haus, ein Ausstellungshaus, das sich selbst ausstellt. Er ist der letzte Bau des Architekten und sein einziger Bau aus Stahl und Glas (1967 posthum fertiggestellt). Auf etwa 600 Quadratmetern und über drei Geschosse hinweg bis zum Dachgarten wird die strukturelle Architektur über Rampen und die zentrale Treppenskulptur mit Ein- und Ausblicken nach innen und außen für Besucher in Szene gesetzt. Diese Wegführung ist typisch für Le Corbusier (1887-1965). Seine Planungen waren immer geprägt durch die Verbindung von Experimenten mit Baumaterialien und deren industrielle Vorfertigung und Normierung zu wirtschaftlichen Produktionsbedingungen mit sozialreformerischen, nach menschlichem Maß entsprechend seines „Modulors“ proportionierten Wohnkonzepten.

Der Pavillon entspricht einem Architekturverständnis, das sich in der Verbindung von Individualität und Serialität als Thema der Klassischen Moderne zum einen an den Experimenten des Neuen Bauens seit den 1920er Jahren orientiert. Zum anderen demonstriert Le Corbusier im Verzicht auf seine gerade im Spätwerk formulierte Formsprache des Betonbrutalismus eine neue Perspektive, die sich der politischen und gesellschaftlichen Aufbruchsituation der 1960er Jahre und der Pop-Kultur öffnet. Mit gestalterischen Elementen wie der skulpturalen Stahldachkonstruktion und dem nach geometrischem Rastersystem verschraubten Winkelprofilen mit farbigen Emaillepaneelen wagt er eine neue Formsprache, in der er zugleich als Maler und Bildhauer nach der Vereinigung der Künste in der Architektur strebt.

Der Zürcher Pavillon ist ein Modellbau, der auch genauso hätte in Serie gehen können. Corbusiers visonäre Idee hierfür basiert auf einem modularen Bausystem aus Stahl. Der internationale Handel hatte bereits ab Mitte der 1950er Jahre begonnen, modulare Transportsysteme für die Verschiffung von Waren zu nutzen, Container aus Stahl. Diese zeitnahe Entwicklung vergleichbarer technischer Systeme versinnbildlicht Fortschritt und modernes Leben dieser Zeit und könnte durchaus Vorbildfunktion gehabt haben. Die Festlegung des internationalen Maßsystems für den bis heute genutzten Containertyp ISO 668 erfolgte 1961.

Anfang Mai 2021 eröffnet die neue Ausstellung „Le Corbusier und die Farbe“. Sie zeigt, wie der Universalkünstler Farbe in all seinen Schaffensphasen als raumbildendes und identitätsstiftendes Element einsetzte. Mit Fotografien, Originalen, Plänen und grossformatigen Installationen zeichnet die Schau die wichtigsten Statio­nen der Polychromie Le Corbusiers nach.

[Christoph Schneider]