Country SALTS: Neue Kunst auf dem Land

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1. Dezember 2020
Text: Iris Kretzschmar

THIS MORNING, IN THE SWEET TORPOR OF THE GREAT FOREST, IS LIKE EVERY MORNING IN THE WORLD
Country SALTS, Hof Strickmatt, Bennwil.
Freitag 14.00 bis 18.00 Uhr und nach Vereinbarung unter .
Bis 19. Dezember 2020.
www.salts.ch

Samuel Leuenberger, der Gründer von City SALTS in Birsfelden und seit 2016 Kurator des Parcours-Sektors der Art Basel, konnte zusammen mit der Künstlerin Claudia Comte ein Stück Land und einen autarken Gebäudekomplex erstehen. Dort arbeiten und wohnen sie. Seit dem Sommer 2020 waren bereits verschiedene kleinere Kunstprojekte zu erleben. Für die Zukunft sind Residences für Kunstschaffende, Filmscreenings und Workshops mit der HGK Basel in Haus und Umgebung geplant. Die offizielle Auftaktschau fand Anfang Oktober statt mit der Ausstellung „This morning, in the sweet torpor of the great forest, is like every morning in the world”. Der poetische Titel verweist nicht nur auf das Anliegen der Initianten, er thematisiert auch die Sehnsucht nach naturnahem Erleben und gedanklichen Austausch über Kunst.

Der neue Ausstellungsraum, eine umgebaute Scheune, wirkt hell und freundlich. Bis Ende Dezember werden hier Arbeiten von sieben Kunstschaffenden gezeigt: Violeta Burckhardt, Elise Corpataux, Claudia Comte & Adeline Mollard, Solange Pessoa, Ugo Rondinone und Peter Zumthor. An den Wänden steigen feine Schriftzüge von Claudia Comte und Adeline Mollard, wie Hügel einer Landschaft auf und ab. Die zitierten Sätze stammen aus einem Interview mit dem 90-jährigen Maler Pietro Sardo zu Landschaft und Natur. Eingebettet in dieses Panorama aus Text ist ein Architekturmodell von Peter Zumthor, ein Projekt für ein Hotel und Musikhaus in den Glarner Alpen. Der Bau soll zeitgenössischen Klängen gewidmet sein und eine Hymne an die Natur verkörpern.

Auf der anderen Seite zelebriert ein grossformatiges Gemälde von Udo Rondinone einen Sonnenuntergang. Das romantisch verbrämte Motiv mit langer Tradition in der Kunstgeschichte, wird in ironisch gebrochener Form auch in Aquarellen der jungen Künstlerin Elise Corpataux vorgeführt. Mittig im Raum ein Fiat-Cabriolet voller Fächerpalmen, das Werk der Landschaftsarchitektin und Künstlerin Violeta Burckhardt. Das absurde Reisevehikel mit dem Titel von Merkels berühmter Ansage „Wir schaffen das“ steht nicht nur für die Migration, sondern auch für den damit verbundenen kulturellen Austausch. Die invasive Pflanze Trachycarpus aus Asien stammend, hat die Schweiz schon längst erobert und wird gar von Ikea angeboten.

Die brasilianische Künstlerin Solange Pessoa zeigt eine flache Bodenarbeit aus schwarz patinierter Bronze in Verbindung mit 100 Kilo langsam trocknenden Trauben im gleichen Farbton. Flüchtigkeit und Verfall, die Transformation des Lebendigen wird darin anschaulich vor Augen geführt. Pessoas fünf Wandobjekte in dunkel lasierter Keramik erinnern an archaische Gefässe mit runden Öffnungen. Sie evozieren Körper und gleichen skurrilen Brutkästen. Country SALTS ist nicht nur eine Bereicherung der regionalen Kunstszene, es lohnt sich auch, bei einem Ausflug aufs Land, dort einen Zwischenhalt einzulegen.