Peter Fischli.
Kunsthaus Bregenz, Karl-Tizian-Platz, Bregenz.
Dienstag bis Sonntag 10.00 bis 18.00 Uhr, Donnerstag 10.00 bis 20.00 Uhr.
Bis 29. November 2020.
www.kunsthaus-bregenz.at
Katalog:
Peter Fischli, Kunsthaus Bregenz 2021, 462 S., 42 Euro.
Die Ausstellung von Peter Fischli (*1952) im Kunsthaus Bregenz beginnt mit einer paradoxen Intervention: da die Räume des Museums so kühl und übermächtig sind, müssen sie überformt werden – das kostbare Foyer-Mobiliar wird mit billigem weißem Pressspan verkleidet, die Kästen für die Info-Blättchen dagegen sind auf einmal aus Bronze.
Kommt diese Umwertung aller innenarchitektonischen Werte noch relativ beiläufig daher, so ist der Gute-Laune-Film, den Peter Fischli in der Eingangshalle auf einem weißen Altar zeigt, knallbunt und aufdringlich. Man ist nicht erfreut: sowas sieht man in jedem Supermarkt. Aber High and Low gibt es ja nicht mehr, und das Unterlaufen von Erwartungen ist Fischlis Prinzip. Ein solcher Rückgriff auf das Triviale bedeutet für den Marktwert eines Künstlers natürlich das Allerbeste. Die Musealisierung des Banalen funktioniert seit vielen Jahren prächtig, so auch hier. Und zusammen mit David Weiss, der 2012 starb, hat Peter Fischli dazu beigetragen. Allerdings erscheint das Ganze nun etwas weniger anarchisch als früher, als Fischli & Weiss als Künstlerpaar auftraten. Peter Fischli arbeitet jetzt mit Pappkartons und Papier-Wolken und eben mit bunten Werbefilmchen, die er – tatsächlich! – im Supermarkt gesehen und neu collagiert hat – und die mit Camcordern aufgenommen sind.
Der Film zeigt die schöne neue Welt des Geschwindigkeitsrausches und anderer narzisstisch getönter Abenteuer ‒ wie sie bei rasenden Ski-Abfahrten, Bungee-Sprüngen oder Motorrad-Loopings erlebt werden können. Erfolgreiche Menschen haben beste Laune, fahren Skateboard und zeigen, wie super das Leben ist. Das alles ist in seiner Aufdringlichkeit eigentlich todtraurig – und steht in schreiendem Gegensatz zu der besten und witzigsten Arbeit von Fischli & Weiss, einem absurden Parcours aneinanderstoßender Dinge, die einander gegenseitig in Bewegung setzten und wo es zischte, blubberte und spotzte. War dieses alte Video von 1987, der große Erfolg der beiden auf der documenta 8, noch minutiös inszeniert und dem puren Nonsense gewidmet, so ist die neue Arbeit von Fischli lediglich im Supermarkt abgefilmt, angeeignet und dann neu geschnitten.
Ein Stockwerk höher wird es dann ganz starr. Fischli stellt banale Gegenstände wie Denkmäler des Alltags auf weiße Sockel: uniform getönte Dosen und Kisten, Taschen und Schachteln, aufgeklapptes Verpackungsmaterial. Das wirkt wie ein Friedhof der Dinge. Aber es ist auch ein Fake: diese Hüllen enthalten ja nichts, sie sind leer – sie verweisen auf etwas, was darin sein könnte (Kunst vielleicht?), aber nicht da ist. Bedingt witzig. Als Pseudo-Ready-Mades gehen diese Modelle und Attrappen noch durch. Und immerhin erinnern sie uns daran, dass die Konsumkultur zu einem großen Teil aus Verhüllung, Verkleidung, Verpackung besteht. Durch die Vielzahl der Requisiten wird das Spiel mit der ständig unterlaufenen Erwartungshaltung aber auch ein bisschen langweilig.
Die nächste Abteilung ist angefüllt mit lauter einander ähnlichen, Pommes-Frites-gelben, reliefartigen Affen-Skulpturen aus Kunststoff. Um den Affen als Vorläufer des Homo sapiens geht es nur am Rande; eher darum, dass Fischli als frühreifer Zehnjähriger mal das Bild eines Affen gemalt hat, das nun als Lithographie in der Ausstellung hängt. Aber warum sollen wir uns mit einem Affen beschäftigen, der nur der Selbst-Mythisierung des Künstlers dient?
Im obersten Stock hängen dann lauter Wolken – an den Rändern angekokelte, runde, weiße große Papiere, die an den grauen Wänden des Museums zu schweben scheinen. Das ist das, was Peter Fischli während der Corona-Krise gemacht hat. Offenbar hatte er Zeit zum Träumen. Das ist allemal besser als der angestrengte Witz seiner zum Denkmal erhobenen Verpackungen.