Alex Katz.
Museum Brandhorst, Theresienstr. 35a, München.
Dienstag bis Sonntag 10.00 bis 18.00 Uhr,
Bis 22. April 2018.
www.museum-brandhorst.de
Alex Katz ist ein Meister der Dämmerung. Es gehört zu seinen größten malerischen Leistungen, die Atmosphäre bei zunehmendem oder schwindenden Licht einzufangen, ohne dass seine Protagonisten zwielichtig wirken: So wenig wie seine Frau und Muse Ada in „January 4“ (1992), die vor einer winterlich-dunstigen Parklandschaft steht. Ihre lila Mütze und der rot leuchtende Lippenstift kommen vor den Schwarz-Grau-Weiß-Tönen der Szenerie noch besser zur Geltung. So sehen sonst nur Film-Göttinnen aus.
Seine Figuren in aparten Farben sind très chic, aber oft umweht von einem Hauch Melancholie. Jetzt widmet das Münchner Museum Brandhorst dem 91-jährigen New Yorker Maler eine „retrospektive Überblicksausstellung“ mit rund 90 Werken, darunter 16 aus dem eigenen Bestand. Und die Ästhetik von Film, Mode, Werbung hat den Sohn russischer Einwanderer, der 1927 in Queens geboren wurde, tatsächlich stark beeindruckt und beeinflusst. Während und nachdem er in den 1940er Jahren an der Cooper Union School studierte, sog er das Kultur- und Nachtleben Manhattans auf, ob Cool Jazz, Modern Dance oder Lyrik-Zirkel – immer am Puls der Avantgarde. Das manifestiert sich auch in der Jahrzehnte währenden Kooperation mit der Paul Taylor Dance Company, für die er unter anderem Bühnenbilder schuf. Die Tänzer sind auch Sujet seiner frühen Gemälde: Athletische Körper vor monochromem Hintergrund. Das etwas spätere Gruppenbild „Private Domain“ wirkt noch mehr wie der eingefrorene Moment eines Standbildes. Darin werden die Artisten fast zu Karikaturen, deren voluminöse Haar-Tollen dynamischer wirken als ihre Gliedmaßen.
Dass an der Cooper Union die französischen Impressionisten hochgehalten wurden, merkt man seiner Kunst bis heute an, vor allem den Natur-Stillleben: Ob knallgelbe Forsythien-Zweige, „Moonlight“ oder die Spiegelung des Lichts auf dem Wasser („West Palm Beach“). Mit seiner „Nass- in-Nass-Malerei“ will er die Spannung des Moments festhalten. Und gerade in der Natur ist Katz ein feinsinniger Beobachter und kluger Arrangeur von Details. Die über sechs Meter breite nächtliche „City Landscape“ wirkt allerdings nicht nur vom Format her eher wie ein Kinoplakat.
Sinnlich wie Monet, dekorativ wie Matisse, plakativ wie die aufkommende Pop-Art. An der Oberfläche lauert aber auch die größte Gefahr: Im Angesicht von Frauen verfällt Katz allzu oft in anbetende Werbe-Ästhetik. Er zeichnet Lichtgestalten in hellen Gelb-, Rosa- und Rotorange-Tönen, wie Alba in „Red Hat“ und „Jessica und Cecily“. Wie „Vivien“ mögen Stil-Ikonen aussehen, aber „Maureen“ oder „Emma 4“ sind zu schematisch, um sich einzuprägen. So subtil wie bei den Landschaften ist er – von Ada abgesehen – bei den Gesichtern nie. Interessant, dass auch seine Frau ihm besonders gut als Gruppenbild („The Black Dress“) gelingt: Ada in sechs verschiedenen Positionen nebeneinander.
Laut Brandhorst-Direktor Achim Hochdörfer galt Katz lange Zeit als ein „Artist‘s artist“. Er konnte dann aber auch in Deutschland große Sammler wie Udo Brandhorst oder Frieder Burda und Reinhold Würth für sich gewinnen. Wobei vielleicht nebenbei eine Rolle spielt, dass seine Großformate ein entsprechend weitläufiges Haus brauchen, um angemessen zur Geltung zu kommen. Da kann man Alex Katz‘ Bilder einfach nur schön finden.