Things are getting Better all the Time: Ironie, Politik und Humor

Review > Zürich > Helmhaus Zürich
3. Juni 2017
Text: Aline Juchler

Things Are Getting Better All The Time.
Helmhaus, Limmatquai 31, Zürich.
Dienstag bis Sonntag 10.00 bis18.00 Uhr, Donnerstag 10.00 bis 20.00 Uhr.
Bis 25. Juni 2017.
www.helmhaus.org

„Things Are Getting Better All The Time…” – zu Deutsch etwa: „Alles wird immer besser…” – lautet der einprägsame Titel der Malereiausstellung im Helmhaus, kuratiert von Simon Maurer. Er hat drei Zeitgenossen zweier Generationen und unterschiedlichen Biografien zusammengebracht. Dieter Hall führt die Malerriege als Ältester mit Jahrgang 1955 an, Anne-Lise Coste und David Chieppo sind 1973 geboren. Der Titel liegt den Ausstellungsbesuchern durch die weissen Räume schlendernd in den Ohren, er lässt anklingen, was in der Schau angelegt ist, aber von jedem einzeln erfahren werden soll – werden Dinge wirklich besser? Oder bleiben sie mitten im Prozess stecken und bestehen fortan in einer gewissen Unvollkommenheit? Man kann die Aufforderung zur Reflexion am Medium festmachen und hinterfragen, inwiefern dies die Malerei im 21. Jahrhundert betrifft und die Vollendung oder Perfektion eines Gemäldes. Gerade, wenn man Anne-Lise Costes grossformatige, sorgsam an die Wand genagelte Leinwände vor sich hat, sind solche Fragestellungen nicht fern. Oder aber, man sieht den Sinnspruch allgemeiner und hebt ihn auf eine gesellschaftliche Ebene. Und genau da knüpfen die drei künstlerischen Positionen an. Ironie, Selbstironie, politisches Bewusstsein, Humor und verspielte bis bissige Kritik finden sich in allen Räumen und Werkgruppen wieder.

David Chieppo macht den Auftakt in der Ausstellung und präsentiert uns eine Ateliersituation im ersten Raum, wo er alle zwei bis drei Tage an Werken weiterarbeitet oder gar neu entstehen lässt. Es hängen bereits Leinwände und Zeichnungen an den Wänden, zum Teil liegen aber noch im Entstehen begriffene Collagen, Papierarbeiten oder Werke aus Ton auf Tischen sowie in offenen Vitrinen. Beinahe fühlt man sich aufgefordert, sich ebenfalls am Schaffungsprozess zu beteiligen. Chieppo vermittelt uns Offenheit in seiner Arbeitsweise, aber ebenfalls über die Motive. Es gibt kein Thema, das heikel oder abgenutzt ist. Historische Referenzen finden Niederschlag, wie auch Schlagzeilen aus den täglichen Nachrichten, etwa über Schriftzüge auf Papierarbeiten wie „Learn 2 Accept” oder „Jihad Rehab”. Er bewegt sich spielerisch zwischen den grossen Themen, ohne an Frische zu verlieren.

Anne-Lise Costes Werken liegt eine gewisse unbeschwerte Verspieltheit zugrunde, die bunten, leuchtenden Farben ihrer Malerei verbreiten sich in Windeseile in den weissen Sälen und offenbaren die kritische Haltung der Künstlerin erst auf den zweiten Blick. Sprache ist ein wichtiges Arbeitsinstrument der Französin, wer ihre Wandarbeiten kennt – etwa jene im Zürcher Café du Bonheur am Bullingerplatz – weiss, dass sie mit Mitteln der Repetition ein Echo ihrer Aussagen schafft. Es lohnt sich, ihre Werktitel in der Helmhausausstellung mit wachem Auge zu lesen. Ihre Fähigkeit spielerisch zwischen banal und relevant zu changieren, ist genial. Sie schafft es, die Flüchtlingsthematik ohne ermahnenden Finger aufzubringen oder in „Me nervous (extremly)” eine kleine, selbstreflexive Hommage an die unsichere Künstlerseele zu machen.

Dieter Hall ist sowohl mit Monotypien, Lithografien und Collagen als auch mit Wandmalereien im Helmhaus präsent. Eine grosse Kraft geht vom blau gestrichenen Ausstellungsraum mit den Werkserien „Vor dem Hammam” und „Im Hammam” aus. Das Blau ist dem Gebäude von Yves Saint Laurent im Jardin Majorelle in Marrakesch entnommen, es lässt die farbigen Kontras­te der Drucke und Monotypien umso mehr erleuchten. Augenblicke im Dampfbad, Mitschnitte von Badeszenen lassen uns teilhaben, ohne das Voyeuristische zu betonen. Anders verhält es sich mit Halls Collagen im oberen Stockwerk. Sie richten sich mit zusammengeschnipselten Sprüchen aus Zeitungen direkt an das Publikum, provozieren und bringen uns wieder auf Trab – soll alles wirklich immer besser werden oder gewinnen wir dem Unvollständigen, Prozesshaften und der ständigen Befragung der Realität am Ende nicht mehr ab?