Roni Horn.
Fondation Beyeler, Baselstr. 101, Riehen.
Donnerstag bis Dienstag 10.00 bis 18.00 Uhr, Mittwoch 10.00 bis 20.00 Uhr.
Bis 1. Januar 2017.
www.fondationbeyeler.ch
Vor ein paar Jahren, anlässlich einer Soloschau von Roni Horn (*1955) im Whitney Museum in New York, brachte das Fashion-Magazin „W” eine Homestory über die Künstlerin, aufgemacht mit einem Starporträt von Juergen Teller. Die Aufnahme zeigte Horn auf der Dachterrasse ihres Ateliers in Chelsea, wo sie breitbeinig an einem Holztisch saß und Rotwein trank. Mit ihren ausgebeulten Jeans, den alten Männersandalen und den kurzen, grauen Haaren sah sie aus wie ein Kerl – wären da nicht ihre nackten Brüste gewesen, die wie selbstverständlich unter dem Jackett hervorschauten. Die Irritation war perfekt: War das wirklich Roni Horn, die stille Poetin des Wassers und des Wetters? Die Meisterin der reduzierten Eleganz?
Nein, war sie nicht. Das hier war Roni Horn, die vor der Kamera von Enfant terrible Juergen Teller posierte und dabei genau wusste, was sie tat. Denn nichts treibt diese Künstlerin mehr um als Fragen der Identität und Wandelbarkeit. 1955 als Tochter jüdischer Eltern geboren, wuchs Horn in Harlem auf. Die Idee, dass Jungen und Mädchen verschieden sein sollten, fand sie schon als Kind abwegig und tauschte deshalb ihren Geburtsnamen Rose kurzerhand gegen den geschlechtsneutralen Namen Roni. Schnappschüsse aus dieser Zeit zeigen ein aufgewecktes Mädchen, das keck in die Kamera lächelt.
Einige dieser Fotos sind auch Teil der Serie „a.k.a.” von 2008, mit der jetzt eine konzentrierte Werkschau der Amerikanerin in der Fondation Beyeler eröffnet. Die 15 Bildpaare, die hier im ersten Saal hängen, konfrontieren je zwei Porträts Horns aus unterschiedlichen Lebensphasen. Sie erzählen die Geschichte einer permanenten Verwandlung. So muss man schon genau hinsehen, um in der androgynen Mittfünfzigerin, die da mit Bürstenhaarschnitt und markanter Brille posiert, die gleiche Person zu erkennen wie in dem Mädchen mit Haarreif nebenan. Identität, so legt die konzeptuelle Serie nahe, ist ein dynamischer Prozess. Wie Horn es mit ihren Arbeiten gelingt, die Wahrnehmung für die Vielfalt ihrer Erscheinungen zu schärfen, lässt sich in Riehen in bemerkenswerter Dichte erleben.
Als Pendant zu „a.k.a” fungiert hier die aktuelle Serie „Selected Gifts”, eine Art Fotoarchiv persönlicher Geschenke, die die Künstlerin in den vergangenen 40 Jahren bekam. Es sind seltsame Dinge wie ein Dinosaurier-Ei, ein Buch mit Eulenpostkarten oder ein Plastik-Rotkäppchen mit Janusgesicht, die sich in der Zusammenschau zu einem ebenso vagen wie eigenwilligen Selbstporträt der Künstlerin in den Augen ihrer Freunde fügen.
Der Idee von Identität und Verwandlung folgt auch ihre jüngste Arbeit „Th Rose Prblm”, für die Roni Horn Schriftaquarelle mit Gertrude Steins „A rose is a rose is a rose” und der Wendung „Coming up smelling like a rose” – in etwa: „als Sieger aus etwas hervorgehen” – zerschnitt und dann so collagierte, dass die Texte nun wie Reflektionen auf einer Wasseroberfläche ineinander fließen. In Riehen hängen diese Blätter nicht zufällig in direkter Nachbarschaft zu „Still Water”, einer betörenden Serie von 1999. Die großformatigen Fotografien zeigen die Oberfläche der Themse unter verschiedenen Licht- und Witterungsverhältnissen. Horn fing die unterschiedlichen Tönungen des Wasser von grün bis grau ein, hielt das Kräuseln der Wellen fest, die stumpfe oder brillante Tiefe des Elements und fasste ihre Gedanken dazu in kurzen Texten zusammen, die die Fotografien flankieren: Wasser, so ihr Tenor, kann die unterschiedlichsten Gestalten annehmen – und bleibt sich doch immer gleich. Eine erstaunliche Metapher darauf liefert die Installation „Water Double” aus sechs massiven Glaszylindern im erkalteten Gusszustand, je fünf Tonnen schwer. Das Licht, das durch die polierten Oberflächen fällt, bringt die Objekte zart zum Leuchten. Wie von Zauberhand aus einem See herausgeschnitten scheinen hier Wasserblöcke frei im Raum zu stehen – spektakulärer lässt sich die Gleichzeitigkeit von Fließen und Verfestigen, die Identität meint, kaum ins Bild setzen.