Orte der Kunstproduktion (XXVII). From the Cosmos to the Commons – das Programm der Stadtkuratorin Hamburg Joanna Warsza

Kesselsaal im Planetarium Hamburg © Fabian Eglitis
Thema > Hamburg
11. Juli 2025
Text: Belinda Grace Gardner

From the Cosmos to the Commons.
Im Stadtpark, Kunsthaus Hamburg und Planetarium Hamburg

stadtkuratorin-hamburg.de

Konstellation „From the Cosmos to the Commons – Vom All zum Allgemeingut im Stadtpark“ © José Délano
Aby Warburg, Bildersammlung zur Geschichte von Sternglaube und Sternkunde, Planetarium Hamburg, 1930, © Archiv von Uwe Fleckner

[—artline>Nord] Der Stadtpark in Hamburg-Winterhude eröffnete 1914 als Naherholungsgebiet für die stark angewachsene urbane Bevölkerung. Unter Regie des Oberbaudirektors und Stadtplaners Fritz Schumacher und des ersten Gartendirektors Otto Linne nahm der „soziale Park“ Gestalt an. Auf einem Entwurf des Gründungsdirektors der Hamburger Kunsthalle, Alfred Lichtwark, beruhend, sollte die städtische Naturoase allen Hamburger:innen als „reiche Quelle edler Lebensfreude“ offenstehen. Dazu gehörte für Lichtwark auch die Platzierung von Skulpturen, um zeitgenössische Kunst einem breiten Publikum nahezubringen: Viele davon sind bis heute zu sehen. 1930 wurde der Wasserturm im Park zum Planetarium umgebaut. Das Areal von dort bis zum Stadtparksee wird nun unter der Ägide der 1976 in Warschau geborenen international aktiven Ausstellungsmacherin, Autorin und Herausgeberin Joanna Warsza, seit Oktober 2024 Hamburgs neue Stadtkuratorin, zum Produktionsort der Kunst.

2013 in Gang gesetzt, beleuchtet das Projekt „Stadtkuratorin Hamburg“ aus wechselnder kuratorischer Perspektive gesellschaftliche und politische Fragestellungen der Zeit durch temporäre Interventionen im öffentlichen Raum: mit der Neuauflage 2024 nun erstmals im Verbund mit dem Kunsthaus Hamburg. Das von Warsza konzipierte Kunst-im-öffentlichen-Raum-Programm „Fünf Jahre – Fünf Elemente“ widmet sich der Suche nach „neuen Referenzpunkten eines planetarischen Denkens“ und übergreifender Vernetzung in unserer zerrissenen Welt. Zur Sonnenwende am 21. Juni startet „From the Cosmos to the Commons“ im Stadtpark. Neben einem Symposium im Warburg-Haus am Eröffnungswochenende gehört eine Ausstellung im Kunsthaus Hamburg dazu. In den nächsten fünf Jahren entfaltet sich der thematische Schwerpunkt vom Kosmos über die vier Elemente Feuer, Luft, Erde und Wasser. Ausgangspunkt ist eine von Warburg-Spezialist Uwe Fleckner betreute Rekonstruktion der legendären historischen Schau „Bildersammlung zur Geschichte von Sternglaube und Sternkunde“, die der Hamburger Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler Aby Warburg zur Eröffnung des Planetariums 1930 entwarf. Im Kesselsaal des Planetariums (Ausstellungsarchitektur: José Délano) wird die „Bildersammlung“ neben aktuellen kosmisch inspirierten Werken von Eske Schlüters, María Edwards, Raqs Media Collective und KITE präsentiert.

Der Dialog mit Warburgs Auseinandersetzung zu den Wechselwirkungen zwischen dem Magischen und Rationalen, Spirituellen und Faktischen setzt sich im Außenraum des Stadtparks mit zwölf weiteren künstlerischen Positionen fort. Hier macht beispielsweise der in Hamburg lebende Künstler Ben Nurgenç in Kooperation mit dem Astrophysiker der Hamburger Sternwarte, Pranjal Trivedi, durch „radioastronomische“ Spaziergänge und Audiotouren mit selbstgebautem Bioreaktor („From Compost to the Cosmos“) die Naturkreisläufe im Park greifbar. Tägliches Gießen um 12 Uhr mittags erfordern die „Sunflower Fields“ der in New York lebenden Künstlerin ungarischer Herkunft, Agnes Denes, die ein Sonnenblumenfeld als Symbol für nachhaltiges Wachstum, Erneuerung und Zukunft entstehen lässt. Während die belgische Künstlerin Heidi Voet in ihrer Installation „Hydra & the Orange Giant“ im Amphitheater des Stadtparks das im Nachthimmel Hamburgs sichtbare Sternbild Hydra in einer aus Spielbällen gegossenen Konstellation nachbildet, regt der nigerianisch-britische Künstler Olu Ogunnaike mit seinem Bank-Ensemble „A good neighbour?“ zu gemeinschaftlichem Austausch an: ein Verweis auf Warburgs bibliotheksstrukturierende Idee der „guten Nachbarschaft“. Den künstlerischen Beiträgen, die im Stadtpark vom „All zum Allgemeingut“ führen, ist die von Anna Nowak kuratierte, am 20. Juni eröffnende Ausstellung „Between Stars and Signals“ im Kunsthaus Hamburg vorgeschaltet (u.a.: Charles & Ray Eames, Sasha Litvintseva & Beny Wagner, Timo Nasseri, Norbert Pape & Simon Speiser, Trevor Paglen, Marie Pietsch, Agnieszka Polska, Jana Schumacher und Hoda Tawakol). Die teils auch im Stadtpark agierenden Künstler:innen sind darin den Interrelationen und Navigationen zwischen Menschen, Natur und Kosmos auf der Spur.