Rosa Tharrats: We Are Full of Winds and Sea and Solar Threads

Rosa Tharrats, Dansarosa und Lengua flotante, 2024, Courtesy the artist & Bombom Projects, Fotos: Roberto Ruiz
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1. Juni 2025
Text: Peter Boué

Rosa Tharrats: We Are Full of Winds and Sea and Solar Threads

Kunsthalle Münster, Speicher II, Hafenweg 28, Münster.
Dienstag bis Freitag 14.00 bis 19.00 Uhr, Samstag bis Sonntag 12.00 bis 18.00 Uhr.
15. Juni bis 21. September 2025

www.kunsthallemuenster.de

 

Rosa Tharrats, Grin, 2024, Courtesy the artist & Bombom Projects, Fotos: Roberto Ruiz

[—artline>Nord] Refugia – das sind ursprünglich Rückzugsorte für Pflanzen und Tiere, in denen ihr Überleben in klimatisch schwierigen Zeiten gesichert ist. Der Begriff erfährt immer neue Verwandlungen, so auch im Cyborg-Manifest der ökofeministichen Theoretikerin Donna Haraway, in dem das Refugium der Ort ist, in dem der Mensch und das Nicht-menschliche zusammenkommen. Die in Katalonien geborene Künstlerin Rosa Tharrats (*1983) bezieht sowohl aus der biologischen Verbindungsfähigkeit der Pflanzen als auch aus den Theorien einer radikal neu gedachten Zukunft Anregungen für ihr umfassendes skulpturales und performatives Werk. Ihre aktuelle Serie „Refugia“ beinhaltet eine große Zahl von sogenannten „Mobile Sculptures“, die von der Decke herabhängen und den Raum schon allein dadurch als Territorium oder Biotop besetzen. Den Eindruck des Schwebens verstärken die leichten Kupferdrahtkonstruktionen und die Vernähungen der zarten Stoffe, die nur durch einen Luftzug in Bewegung geraten können. Tharrats, die als Bühnen- und Kostümdesignerin über eine große Erfahrung mit der Materialtät von Stoffen verfügt, arrangiert ihre Skulpturen in Münster zu einem sich ergänzenden Ensemble. Sie bilden nichts ab, erinnern in ihrer fliessenden und zugleich festen Struktur aber entfernt an die Bewegung von Pilotfischen in Meer – Tharrats begleitet derzeit ein Forschungsschiff auf Expedition im Südatlantik. Jede ihrer hängenden Skulpturen ist anders, ihre Kombinationen von leichten Baumwollstoffen mit Farbverläufen und fein darauf abgestimmten, seidig schillernden Kunststoffen lassen an fiktive Wesen denken.

Das In-Between von unterschiedlichen Wesenhaftigkeiten erprobt Rosa Tharrats darüber hinaus in künstlerischen Aktionen, die sich im Rahmen ihrer skulpturalen Praxis bewegen. Wesentliche Bestandteile der Performance „Yellow Fountain“ etwa sind menschliche Äußerungen wie das Atmen und vor allem das Lachen. Zusammen mit vielen Assistent:innen und jeder Menge Stoffe wurde diese 2022 im Nationalpark der Serra de Collserola nordwestlich von Barcelona aufgeführt.

Das Werk von Rosa Tharrats bewegt sich auf ungewöhnliche Weise zwischen Imagination und Aktion, Referenzpunkt ihrer Arbeiten ist vorrangig die Verletzlichkeit der Natur. Letztlich bezieht sie sich damit aber auf uns selbst. Als erste Institution in Deutschland zeigt die Kunsthalle Münster eine Einzelschau von Rosa Tharrats, die 2014 und 2020 den Gaudí-Award gewann und 2024 an der Manifesta 15 in Barcelona beteiligt war.