Orte der Kunstproduktion (XXVI): INTRO-Programm Hamburg

Die aktuellen Stipendiat:innen des Hamburger INTRO-Programms für den interkulturellen Kulturaustausch, Foto: Alexandra Polina
Thema
8. April 2025
Text: Peter Boué

INTRO – Programm interkultureller Kulturaustausch der Hansestadt Hamburg.

Nähere Informationen unter www.hamburg.de

Vlamimir Seleznev, Metropolis Seoul, 2012, Courtesy the artist
Cover-Motiv für die Broschüre zum INTRO Programm der Behörde für Kultur und Medien in Hamburg, Foto: Alexandra Polina

[— artline Nord] Ein Problem für geflüchtete Menschen aus aller Welt besteht oft darin, in der Fremde nicht länger in ihren Berufen arbeiten zu können. Geflüchtete Künstler:innen betrifft das gleich in mehrfacher Weise. Für Kunstschaffende, sei es im Bereich der bildenden Kunst, Musik, Theater oder schreibend tätig, ist es neben dem Broterwerb wichtig, Kontakte zu knüpfen und Orte für Ausstellungen oder Aufführungen zu finden, um letzlich ein Publikum zu gewinnen. Seit zehn Jahren gab und gibt es von den Kommunen durchaus Mittel für niedrigschwellige Kulturprojekte. Programme indes, die unterschiedliche Möglichkeiten für professionelle Kontakte zwischen Kunstschaffenden, Ausstellungsinstitutionen und anderen Spielstätten fördern, gab es zumindest in Hamburg lange nicht. Geflüchtete Kunstschaffenden fanden zwar Nischen, in denen sie arbeiten konnten, aber selten auf Augenhöhe mit ihren Kolleg:innen. „Exile is not only a miserable solitude, but also the ghettoization of cultures carried on our refugee backs“, sagt die Sängerin, Schauspielerin und Filmemacherin Heja Netirk.

Die Behörde für Kultur und Medien in Hamburg (BKM) hat mit INTRO im Jahr 2019 ein Förderprogramm für geflüchtete Künstler:innen aufgelegt, das mit monatlich 1500 Euro dotierte Stipendien für je ein Jahr vergibt. Prekäre Lebens- und Arbeitsumstände können hier zumindest temporär aufgefangen werden, so dass für die Geflüchteten und die Stipendiat:innen mehr Zeit für ihre künstlerische Entwicklung verbleibt. Anders als üblich, stellen hier die beteiligten Häuser die Anträge für den oder die Künstler:in und für sich selbst. Ausstellungsorte wie der Kunstverein in Hamburg, das Hamburger Musik-Konservatorium, ein freier Radiosender, die Kulturfabrik Kampnagel, das Schauspielhaus, aber auch kleinere Theater in der Stadt, alternative Kunsträume oder das Hamburger Filmfest reichen also die Vorschläge bei INTRO ein. Die zentrale Idee dahinter ist, bei allen sehr unterschiedlichen individuellen Erfahrungen der Stipendiat:innen, der gegenseitige Austausch. Die Stipendiat:innen bilden Wissen und das Verständnis, auf welche Weise sie ihre Kunst vermitteln können, während die beteiligten Institutionen ihrerseits lernen können, wie in anderen Weltgegenden gearbeitet wird. Das Programm INTRO strebt so einen wirklichen interkulturellen Austausch an. Darüberhinaus gibt es regelmäßige Informationstreffen mit den Verantwortlichen der BKM, die über Möglichkeiten der Vernetzung und weiterer Kunstförderungen, über die Versicherung bei der KSK, Steuern und anderes informieren.

„How can someone open a locked door which does not have a handle on it?“, fragt Performer und Drehbuchautor Sidar Kurt. Es ist die Frage, welche die Kunstschaffenden vorrangig bewegt, nicht nur hier. Unter ihnen sind Geflüchtete aus Krisen- und Kriegsgebieten wie Afghanistan, Syrien, Libanon und der Ukraine, aber ebenso Künstler:innen aus Ländern mit fortgesetzter Verfolgung Andersdenkender wie dem Iran, den kurdischen Gebieten in der Türkei und im Nord-Irak, Belarus und aus afrikanischen Staaten.

Aktuell sind acht Kunstschaffende Stipendiat:innen im Rahmen von INTRO, darunter Ammar Alsaleh, ein Puppenbauer und -spieler aus Syrien, der Theater mit Kindern und Jugendlichen macht, sowie eine Fotografin aus Belarus, die sich mit dem Archiv der Hamburger Kunsthalle auseinandersetzt. Und während die afghanische Filmemacherin Sharbanoo Sadat ihr Stipendium dazu nutzt, um eine Podcast-Reihe und ein Netzwerk für afghanische Filmerinnen aufzubauen, zeigt der russische Künstler Vladimir Seleznev im Künstlerhaus und Ausstellungsraum Westwerk eine Ausstellung mit Ergebnissen eines stetigen Workshops und weiteren Projekten über das Jahr. „If you want to be an artist, you have to be an artist – it’s like a road. You have to work hard“, sagt Flatter Zender, Stipendiat von 2020. Das Programm INTRO versucht, die Voraussetungen dafpr bereitzustellen, aus dem Geist der Solidarität.