Xanti Schawinsky: Play, Life, Illusion + Monster Chetwynd

Xanti Schawinsky, Camouflaged Outpost, 1942, Courtesy of the Xanti Schawinsky Estate
Review > Bielefeld > Kunsthalle Bielefeld
14. März 2025
Text: Dietrich Roeschmann

Xanti Schawinsky: Play, Life, Illusion.
+ Monster Chetwynd: Xanti Shenanigans

Kunsthalle Bielefeld, Artur-Ladebeck-Straße 5, Bielefeld.
Dienstag bis Freitag 11.00 bis 18.00 Uhr, Mittwoch 11.00 bis 21.00 Uhr, Samstag 10.00 bis 18.00 Uhr.
15. März bis 15. Juni 2025

www.kunsthalle-bielefeld.de

Xanti Schawinsky, Untitled, 1961-62, Courtesy of the Xanti Schawinsky Estate
Xanti Schawinsky, Untitled, ca. 1936, Courtesy of the Xanti Schawinsky Estate

[—artline Nord] Es gibt eine Fotografie von Xanti Schawinsky, die den Künstler 1928 beim Balancieren auf dem Balkongeländer am legendären Atelierhaus auf dem Dessauer Bauhaus-Campus zeigt. Das sieht ziemlich dynamisch und gewagt aus und verrät viel über den Drang zur Bühne, der sein künstlerisches Schaffen über sechs Jahrzehnte prägte. Schawinsky, in Basel geboren, war damals gerade 24, interessierte sich für experimentelle Fotografie, Malerei und Bühnenbild, spielte in der Bauhaus-Band Saxophon und war Assistent von Oskar Schlemmer. Viele seiner Arbeiten aus dieser Zeit waren wenige Jahre später in der ersten großen Bauhaus-Ausstellung im New Yorker MoMA zu sehen. Nachdem die Deutschen die Nazis an die Macht gewählt hatten, emigrierte Schawinsky nach Italien und arbeitete dort bis 1936 als freier Grafiker für das Mailänder Studio Boggeri, bevor Josef Albers ihn schließlich ans Black Mountain College in North Carolina, USA berief. Im progressiven Umfeld des BMC entwickelte Schawinsky erste Ansätze für ein offenes Theater, das die Bühne als Ort des exprimentellen Lernens verstand. Exemplarisch dafür gilt bis heute die 1937 gemeinsam mit seinen Schüler:in­nen erarbeitete Performance „Play, Life, Illusion“, die mit ihrer Verknüpfung von Kunst und Forschung, Tanz und Schauspiel, Musik, Malerei, Bühnenbild und Licht der prozesshaften Performancekunst den Weg bahnte.

Nicht zufällig steht unter diesem Titel nun auch die erste große Retrospektive des schweizerisch-amerikanischen Künstlers in Deutschland, flankiert von einer Installation der britischen Performancekünstlerin Monster Chetwynd (*1973). Zu sehen sind in der Kunsthalle Bielefeld Arbeiten aus Schawinskys wichtigs­ten Schaffensphasen, angefangen bei den frühen Untersuchungen zum Bühnenraum und zum Verhältnis von Mensch und Maschine. Neben grafischen Arbeiten aus Mailand und den Experimenten fürs Theater ückt die Bielefelder Schau zudem Schawinskys Bilder aus den 1940er Jahren in den Blick. Zu dieser Zeit lebte er in New York und lehrte am City College, später an der New York University. Anfang der 1950 Jahre wandte er sich einer prozessorientierten Malerei zu, die gezielt den Körper und seine Bewegungen in die Bildproduktion miteinbezog, experimentierte mit Rauch oder lichtempfindlichen Oberflächen und erweiterte die Malerei in den Alltag – wie in seinen populären „Track Paintings“, für die er mit dem Auto durch Farbe und anschließend über Leinwände fuhr. In den 1960er schließlich diffundierten Schawinskys Bilder mit Airbrush-Effekten und der Schichtung von Gazebahnen ins Sphärische. Eigentlich nur konsequent nach der lebenslangen Verausgabung im kreativen Exzess.