[—artline Nord] Die öffentlichen Paraden und groß angelegten, partizipativen Aktionen von Marinella Senatore (*1977) finden auf den Straßen statt. Sie verbinden Tanz, Musik, Kunst, Popkultur sowie Aktivismus und entstehen mit zahlreichen Menschen jeden Alters aus unterschiedlichs­ten Kontexten. Gemeinsam aktiv und sichtbar werden, Stellung nehmen und einstehen für Diversität und Inklusion stehen hierbei im Mittelpunkt. Mit ihrer 2012 gegründeten „School of Narrative Dance“ entwickelt die in Italien geborene Künstlerin und Aktivistin umfangreiche Umzüge, an denen sich bisher weltweit über sieben Millionen Menschen in über 23 Ländern beteiligten. Senatore versteht ihre Paraden als Versammlungen und betitelt sie als kollektive Rituale oder Feiern, die an traditionelle Prozessionen anknüpfen und gegenwärtig neue Narrative hervorbringen. Sie ermöglichen körperliche Erfahrungen von Solidarität und Empowerment. Ihre kollaborative Kunstpraxis setzt sich mit Protestkulturen und der öffentlichen, gemeinschaftlichen Verbindung von Körpern auseinander.

Das Filmprojekt „Nui Simu / That’s Us“ (2010) mit pensionierten Minenarbeiter:innen in Sizilien oder die Opern-Trilogie „Rosas“ (2012) mit über 20.000 am Produktionsprozess beteiligten Teilnehmer:innen sind beeindruckende Beispiele der Arbeit Senatores, die als eine wichtige Protagonistin einer globalen Bewegung für soziale Gerechtigkeit bekannt ist.

Nach den retrospektiven Ausstellungen in der Villa Stuck in München und dem Museum der Moderne in Salzburg (2023) präsentiert das Kunsthaus Stade erstmal eine umfassende Soloschau von Marinella Senatore in Norddeutschland. Die Exponate – Graphitzeichnungen, farbige Collagen, Videos, Filme, Banner, Objekte sowie Lichtinstallationen – verweisen auf vergangene Aktionen, Umzüge und Ereignisse. Sie erinnern an die vielen mit ihnen verbundenen Orte und Menschen, die für sich selbst ein­standen und zusammenkamen. Auf diese Weise erfahren beteiligte lokale Initiativen eine neue Öffentlichkeit und globale Sichtbarkeit. So erzählen politische Zeichnungen von Protestmärschen, historischen Momenten und Senatores eigener Geschichte als Aktivistin. Darüber hinaus geben Filme einen Einblick in ihre Community-Projekte. Senatores Kunst ist auf etlichen Biennalen international vertreten sowie in zahlreichen Museen wie u.a. im Centre Pompidou, Palais de Tokyo und im MAXXI in Rom. Im Rahmen der Ausstellung in Stade laden Veranstaltungen unter dem Motto „Together We Stand“ zum gemeinsamen Picknicken, Malen, Tanzen, Spielen und Jammen an verschiedenen Orten in der Stadt ein.