Otto Piene, Wege zum Paradies.
Museum Tinguely, Paul-Sacher-Anlage 1, Basel.
Dienstag bis Sonntag 11.00 bis 18.00 Uhr.
Bis 12. Mai 2024.
www.tinguely.ch
Als eine „Art von poetischem Maskottchen“ seiner Sky Art bezeichnete Otto Piene (1928-2014) einmal die griechische Mythengestalt des Ikarus. 1978 wird Pienes „Icarus“ erstmals aufgeführt. Skizzen, Fotos und Videos geben in der Ausstellung „Wege zum Paradies“ im Basler Museum Tinguely einen Einblick in die „Sky Opera“. Dass er sich ausgerechnet mit dem Himmelsstürmer Ikarus befasst, dem die Sonne zum Verhängnis wurde, indem sie die wächserne Bindung seiner Flügel zum Schmelzen brachte, will nicht zufällig erscheinen. Der Himmel und das Licht sind Phänomene, die oft Teil von Pienes Arbeiten sind. Verheißung und Scheitern liegen nahe beieinander, doch Piene wusste auch, dass man in der Kunst etwas wagen musste. Zehn Jahre nach seinem Tod zeigt das Museum Tinguely nun neben Skizzenbüchern, früher Malerei, Raster- und Rauchbilder auch seine Lichtskulpturen und Rauminstallationen.
Wie Heinz Mack, mit dem er 1958 die Künstlergruppe Zero gründete, war Piene in der Zeit des Nationalsozialismus aufgewachsen, gegen Ende des Krieges wurde er als Flakhelfer eingezogen und geriet kurzzeitig in Kriegsgefangenschaft. Die Übersiedelung in die USA Mitte der 1960er Jahre muss ihm als Befreiungsschlag vorgekommen sein. Zumal sie einher ging mit einer intensiven Auseinandersetzung mit neuen Technologien am MIT und der Entdeckung der Wüste. Oft verbindet sich beides in seinem Werk, 1985 veranstaltet er im kalifornischen Lone Pine das MIT-Projekt „Desert Sun/Desert Moon“, an dem mehrere Kunstschaffende beteiligt sind. In einer Video-Dokumentation sagt er, er habe großartige Kunst und viele glückliche Gesichter gesehen. Piene scheute sich nicht, Kunst niederschwellig als Spektakel zu inszenieren und auch zu unterhalten. Tatsächlich ist etwas sehr Unbeschwertes um seine Luftskulpturen; selbst, wenn sie nicht vom Boden abheben. In einem der Ausstellungsräume des Museum Tinguely sind transparente Hummer, Seeanemonen, Algen sowie rote Sterne versammelt. Luft entweicht und wird nachgefüllt, es sieht aus als atmeten diese Objekte. Welch generalstabsmäßige Planung nötig war, um eine derartige Leichtigkeit zu erzielen, dokumentiert das Filmmaterial zum Regenbogen, der zur Abschlussfeier der Olympischen Spiele 1972 über dem Münchner Gelände schwebte. Das Projekt, das Piene zwei Jahre in den USA geplant hatte, trotzte dem Wetter und der schlauchförmige Ballon wirkte nach den Olympia-Attentaten nur wenige Tage zuvor wie ein Versprechen auf Frieden. Einen brennenden Bogen über das Meer zu spannen, scheiterte hingegen, da der Schlauch leckte. Der Feuerbogen blieb dann doch der Mythologie vorbehalten oder dem Sonnenaufgang und -untergang.