Dan Flavin: Widmungen aus Licht.
Kunstmuseum Basel / Neubau, St. Alban-Graben 20, Basel.
Dienstag bis Sonntag 10.00 bis 18.00 Uhr, Mittwoch 10.00 bis 20.00 Uhr.
Bis 18. August 2024.
www.kunstmuseumbasel.ch
Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen: Dan Flavin. Dedications in Lights, Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln 2024, 256 S., 49 Euro | ca. 68.90 Franken.
Im Erdgeschoss ist die amerikanische und europäische Minimal Art versammelt, die seit den 1970er Jahren einen Sammlungsschwerpunkt des Kunstmuseums Basel bildet. Kühl und sachlich wirken die Objekte aus den 1960ern. Der spröde Charme der Bodenplatten von Carl Andre und der Cubes von Donald Judd ist Programm, ebenso heben sich auch die Bilder von Brice Marden klar von den emotionalen Farbgesten der Abstrakten Expressionisten ab. „Monotonie ist schön“, so der Titel des Films von Charlotte Posenenske, der sich hier wie ein Credo ausnimmt. Ihre Skulptur aus Vierkantrohren erinnert an eine Baustelle, dazu passend der Gitterdraht aus dem Baumarkt von Bill Bollinger. Es sind alltägliche Materialien, die eine subjektive Codierung vermeiden, in Verbindung mit einer seriellen Formensprache, knüpfen sie an eine industrielle Massenproduktion an.
Auch die Leuchtstoffröhren von Dan Flavin (1933-1996) waren damals im Do-it-yourself-Laden zu haben. Heute gehören sie bereits zur technischen Vergangenheit. In Europa wegen des Quecksilbergehalts verboten, sind sie in den USA noch erhältlich. Flavins „Eckkonstruktion“ (1969) wirkt im Kontext seiner Zeitgenossen unprätentiös. Ganz anders zeigt sich die Ausstellung „Widmungen aus Licht“ im Obergeschoss. Bereits beim Hinaufsteigen wird man im Treppenhaus von grünen Lichtnebeln umfangen und spürt, wie sich der Raum zu wandeln beginnt und man selbst Teil dieses Kosmos wird. Raumecken lösen sich unter den farbigen Lichtströmen auf und lassen die Architektur zurücktreten.
Und das soll coole Minimal Kunst sein? Eine emotionale, fast spirituelle Dimension tritt in den Vordergrund. Vorhanden war sie schon immer, obwohl der Künstler sie verneinte: „You see what you get“, meinte er lakonisch und war auch überzeugt, dass seine Lampen ihrem Tod entgegenbrennen und das ganze elektrische System in eine inaktive Vergangenheit übergehen werde. Der Rundgang fordert die Wahrnehmung heraus und macht bewusst, dass unser Sehen farbiges Licht in sein Komplement kippen lässt. Steht man etwa vor der grünen „Barriere“ und wirft einen Blick zurück, erscheint der Raum mit den weissen Lichtröhren auf einmal in Rot.
Fast alle Werke von Dan Flavin sind Personen oder Ereignissen gewidmet. Eine Geste, die sich bereits in den frühen Studien und Assemblagen, wie beispielsweise bei „From Apollinaire wounded“, oder bei Skizzen nach Cézanne oder Rembrandt abzeichnet. Bei den Lichtobjekten lässt sich die Zuschreibung nicht immer ablesen. Es gibt die Widmungen an Farbspezialisten wie Matisse, Barnett Newman oder Josef Albers, darunter auch eine ganze Serie aus T-förmigen Arbeiten an seinen Freund, „to Don Judd, colorist“ (1987). Andere richten sich an Freunde oder an seine Frau, die Künstlerin Sonja Serverdija. Sie übernahm damals die technische Montage seiner Objekte, bekannt wurde sie nicht. Auch verstorbenen, widerständigen Künstlern wie Tatlin, Otto Freundlich oder John Heartfield, widmete Flavin seine „Situationen“.
Dan Flavins politisches Engagement gegen den Vietnamkrieg zeigt sich bei der Installation „monument 4 for those who have been killed in ambush (to P.K. who reminded me about death)“ von 1966. Sechs Jahre später, 1972, unterstützte er den demokratischen Senator George McGovern bei seiner Präsidentschaftskandidatur gegen Richard Nixon mit einem Plakat – „I believe him“ – und widmete ihm ein Werk. Der Ausstellungsrundgang in Basel macht neben den vielfältigen Facetten von Flavins Werk auch seine Zeitlosigkeit, unabhängig von den Originalmaterialien, bewusst.