Elisa Manig & Regine Schulz: Nein! Doch. Oh!
Kunstverein Schwerin, Spieltordamm 5, Schwerin.
Dienstag bis Sonntag 15.00 bis 18.00 Uhr.
Bis 21. April 2024
Der Blick in die hohe Halle des ehemaligen Elektrizitätswerks, in dem sich der Kunstverein befindet, bestätigt, welchen großen Anforderungen künstlerische Interventionen hier unterliegen: jede Menge Verstrebungen aus Stahl, T-Träger aus angerostetem Eisen, dazu ein Quergang mit Galerie und Geländer. Hier muss alles Hinzugefügte mit Strukturen aus der industriellen Eisenzeit konkurrieren. Elisa Manig (*1987) setzt sich dem ostentativ aus, verwendet sie doch selbst Rohre und Bleche aus Stahl. Sie bewegt sich in einem gewissen technischen Kontext, doch bei näherem Hinsehen verschiebt sich diese Wahrnehmung. Die an den Wänden befestigten Stahlbleche sind zwar teils unauffällig schwarz oder weiß lackiert, aber auch in ein alles Funktionale konterkarierendes Altrosa oder sogar Neonorange gefasst. Da befindet sich ein sehr hoch gehängter, minimalistisch gestalteter Haltegriff an der Wand, so scheint es, und hoch oben ein Scharnier in der Raumecke, ebenso rosa, mit eigenwillig überdimensionierten Flügelschrauben. Es sind Wandobjekte wie das körperbetonte „Body“ (2022), die mit dem Raum arbeiten, und wieder andere wie der „Schieber“ (2024), welcher gewissermaßen als Zeichnung auf der Wand funktioniert. Besonders diese Arbeiten erinnern an die Konterreliefs des russischen Konstruktivisten Vladimir Tatlin – haben sie doch ihre Spannung und präzise Oberflächen, filigran und technoid gleichzeitig.
Regine Schulz (*1990) geht hingegen statt vom Raum vorrangig vom Material aus. Spielerisch verfährt sie in ihrem Video „Doing Circles“ – hier sieht man Schulz beim Versuch, ein Stahlblech in einen perfekten Kreis zu formen. Sie muss springen und drücken, immer wieder beult es aus – es hat das Slapstikhafte und Absurde einer nicht enden wollenden, erfolglosen Handlung. Zugleich ist dieser Film auch ein Kommentar zu ihrer großen, eleganten, auf Klassiker der Stahlbildhauerei verweisenden Bodenarbeit eines gedoppelten Kreises von 17 Metern Durchmesser, die sie in der Muthesius-Kunsthochschule Kiel realisieren konnte („Freihand“, 2017). Für ihre anderen Arbeiten hantiert sie mit dem Werkstoff Zement. Sie entbindet ihn sozusagen von seiner Funktion, statische Festigkeit zu garantieren, und verwendet ihn in anderer Weise: So schüttet sie ihn etwa zu einem Berg auf und setzt durch Hinzufügung von Wasser einen Transformationsprozess in Gang („Caementium“, 2024). Eine weitere Werkgruppe bilden die Bodenarbeiten, die aus Zement und Wasser in Erdlöchern entstanden sind und das Innere nach Außen tragen. Es ist ihre Erscheinung, die sie je nach Struktur, Proportion und Färbung vom Findling zum ganzen Berg wandeln lassen kann.