Orte der Kunstproduktion (XXII): Das Radio- und Podcastformat Der lächelnde Hase im Hamburger Radio FSK

Madeleine Lauw und Carsten Rabe sind "Der lächelnde Hase" im Hamburger Radio FSK, Foto: Jana-Schuhmacher
Thema
18. März 2024
Text: Peter Boué

Der lächelnde Hase:
www.fsk-hh.org/sendungen/der_laechelnde_hase.

Nächste Sendetermine:
18. März, 14. April, 19. Mai, je 22.00 Uhr, 19. März, 16. April, 21. Mai, je 11.00 Uhr.

Dieser Beitrag stellt einen Exkurs dar zu den schon mehr als zwanzig Künstler:innenhäusern, Ateliers und Residencies, die wir in dieser Reihe bereits vorgestellt haben. Nicht der Ort, das Haus und seine Umgebung oder das Studio und seine Möglichkeiten stehen hier im Fokus, sondern das Werk. „Der lächelnde Hase“ ist ein Radioformat, das seit rund zwei Jahren im Freien Sender Kombinat aus Hamburg gesendet wird und mit bislang zwanzig Produktionen. Bevor sich der Fotokünstler Carsten Rabe und die auch an Performance- und Theaterformen interessierte Literaturwissenschaflerin Madeleine Lauw zu diesem Projekt zusammenfanden, hatten beide zahlreiche Austellungen kuratiert und in diesem Kontext unterschiedliche Rahmenprogramme wie Diskussionsforen und Interviewformate entwickelt. Im Jahr 2022 entschlossen sie sich dann, Interviews auch zur Grundlage einer Radiosendung zu machen. „Der lächelnde Hase“ lädt seither regelmäßig eine Künstlerin oder einen Künstler ein, über ihre Arbeit zu sprechen. Was hier einfach klingt, bedarf allerdings einer entschiedenen Bereitschaft, denn es geht auch und primär darum, die künstlerischen Arbeiten – in der Regel drei pro Sendung – so zu beschreiben, dass sie für die Hörer:innen vorstellbar und nachvollziehbar werden. Ein visuelles Werk mit Sprache zu vergegenwärtigen, ist eine Herausforderung – und genau das ist der Ansatz, den Lauw und Rabe mit ihrer Sendung verfolgen: Etwas für viele Unsichtbares zu beschreiben, um überhaupt darüber sprechen zu können. Eine Übung, die in der Kunstgeschichte in bildärmeren Zeiten absolut notwendig war.

So gesehen geht es in den Gesprächen, die von den Moderator:innen geführt werden, nicht um die Erklärung oder die Einordnung der Werke in bestimmte Kontexte, schon gar nicht im dem Sinne einer Interpretation, was genau das Werk meinen könnte. Teils geben die Künstler:innen zwar selbst Vorschläge für die Lesart ihrer Arbeiten, aber immer nur, insofern sich diese über ihren künstlerischen Prozess erschließt. So ist es durchaus interessant, wenn die Künstlerin und Autorin Jenny Schäfer darüber spricht, dass es potenziell gleichwertig für sie ist, Bild- oder Wortmaterial zu einer Arbeit zusammenzuführen – und dass sie in ihren Installationen neben Fotografien und Texten oft auch reale Fundstücke arrangiert, weil sie nur so die Poesie der Gegenstände in ihrer Gesamtheit zeigen kann.

Auch das Moderator:innenteam verfährt nach persönlichen Schwerpunkten, wenn etwa Carsten Rabe die Zusammensetzung eines Bildes kommentiert oder Madeleine Lauw mehr nach der Erzählung in einer künstlerischen Situation fragt. Da iu´st es dann aufschlussreich, wenn etwa die Zeichnerin Barbara Lüdde erzählt, dass sie sich bei ihren sehr gegenwärtigen, präzise auf aktuelle Details abgestimmten Zeichnungen von spätmittelalterlichen Darstellungen der Hand inspirieren lässt. Die biographisches Details der Künstler:innen sind in den Interviews bewusst ausgeklammert, wodurch im Verlauf der Gespräche oft persönliche Umstände in den Fokus rücken, die ansonsten vielleicht wenig Beachtung finden, aber wichtig waren für die Entwicklung einer Arbeit oder bestimmte Ideen angestoßen haben. Die Interviews sind als offene Gespräche angelegt, in denen es nicht darum geht, Informationen abzufragen, die sich leicht auch im Internet rechrechieren lassen könnten. Stattdessen geht es um Motivationen, die die Künstler:innen dazu bewegen, etwas voranzutreiben, zu verdichten oder formale Entscheidungen abzuwägen mit komplexen Inhalten – so wie die Künstlerin Simone Karl ihr mögliches Scheitern beschreibt, das gesellschaftlich brisante Thema sexualisierter Gewalt in einer künstlerischen Form auszudrücken. Glaubhaft beschreibt sie, wie Wut eine Idee anstoßen kann und was es heißt, sich an etwas abzuarbeiten.

„Der lächelnde Hase“, als Radioformat eigentlich ein Paradox in der medialen Bilderflut, trifft zu Recht auf großes Interesse. „Es stimmt nicht, dass Künstlerinnen und Künstler nicht gerne über ihr Werk sprechen“, sagt Carsten Rabe. „Sie haben Lust zu reden – und die Leute wollen auch das hören“.