Rudolf Levy: Magier der Farbe. Im Exil der Malerei

Rudolf Levy
Rudolf Levy, Stillleben mit Madonnenlilien und Buch, 1942, Foto: Archivio Electa / Fotografie di Serge Alain Domingie, Firenze
Review > Kaiserslautern > mpk - Museum Pfalzgalerie
27. Dezember 2023
Text: Sandra Biegger, SWR2

Rudolf Levy: Magier der Farbe.
mpk – Museum Pfalzgalerie, Museumsplatz 1, Kaiserslautern.
Dienstag bis Mittwoch 11.00 bis 17.00 Uhr, Donnerstag 11.00 bis 20.00 Uhr, Freitag bis Sonntag 10.00 bis 17.00 Uhr.
Bis 11. Februar 2024.
www.mpk.de

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen: Deutscher Kunstverlag, Berlin 2023, 328 S., 44 Euro | ca. 61.90 Franken.

Rudolf Levy
Rudolf Levy, Blick auf die Bucht von Rapallo, 1933, Foto: Archivio Electa / Fotografie di Serge Alain Domingie, Firenze
Rudolf Levy
Rudolf Levy, Selbstbildnis IV, 1943, Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern, Inv.-Nr. PfG 54/4

Einer der schönsten Ausstellungsräume der Pfalzgalerie befindet sich im zweiten Stock des Museums. Er ist nicht besonders groß, hat Oberlichter und erinnert an eine Kapelle. An der zentralen Wand hängt asymmetrisch nur ein einziges Gemälde. Das wohl letzte Selbstporträt von Rudolf Levy. Es zeigt einen Mann mittleren Alters in Hemd und Jackett, eine seiner Gesichtshälften liegt im Schatten. Man spürt, dass der Porträtierte in Bedrängnis ist. Der Expressionist Levy hat dieses Bild von sich 1943 im italienischen Exil gemalt, wenige Monate vor seiner Deportation ins Vernichtungslager Auschwitz. Der Leiter der Pfalzgalerie Steffen Egle sagt, das Gemälde habe ihn von Anfang an in seinen Bann gezogen. „Es ist einfach eine Verdichtung von Emotionen, von Desorientierung. Es hat aber auch etwas Seherisches, Prophetisches, es hat aber auch etwas Distanziertes. Man sieht diese Physiognomie fast maskenhaft. Für mich hat dieses Bild etwas sehr Anziehendes, aber auch etwas Abweisendes. Und das ist es, was mich wirklich berührt.“ Porträtierte, die den Blick abwenden, sind so etwas wie ein Markenzeichen von Rudolf Levy. Egal ob die Gemälde seine lesende Frau Genia zeigen, den befreundeten Maler Hans Purrmann oder einen jungen Knaben. Dadurch wirken die Dargestellten immer distanziert und wie „ganz bei sich“ – die Porträts bekommen etwas sehr Intimes. Wie auch Levys Landschaftsbilder und Stillleben sind sie von enormer Farbigkeit. Steffen Egle: „Diese Meisterhaftigkeit zeigt sich früh, sie ist auch natürlich Levys Einflüssen geschuldet. Cézanne war ein Meister, aber noch mehr Matisse, der die Farbe zu ihrem Eigenwert gebracht hat – und in dieser Tradition arbeitet Levy fort.“

Rudolf Levy wird 1875 in Stettin geboren. Anfang des 20. Jahrhunderts sieht es so aus, als stünden ihm viele Türen offen. Er studiert Kunst in Karlsruhe und München, geht nach Paris. Dort lernt er Henri Matisse kennen, wird sein Freund und Schüler. Ab 1928 ist er Vorstands- und Jurymitglied in der Berliner Secession. Die radikale Kultur- und Rassenpolitik der Nazis zwingt Rudolf Levy jedoch bereits 1933 in die Emigration. Er zieht durch halb Europa, lebt zeitweise in den USA. 1940 lässt er sich in Florenz nieder. Als die Nazis 1943 die Stadt besetzen, kann er sich auch dort nicht mehr frei bewegen. Arbeitet jedoch weiter – unter anderem an einem Atelierstillleben in knallbunten Farben. „Wir sehen, wie sehr die Farbigkeit im Kontrast zu dem steht, was er lebensweltlich erleben muss“, sagt Egle. „Das Stillleben ist nicht zufällig gewählt. Künstlerinnen und Künstler durften draußen nicht mehr malen, es gab Malverbote in der Öffentlichkeit. Und insofern ist es auch die künstlerische Form des Exils, dass Levy hier ein Stillleben malt.“

Anders als die Levy-Ausstellung in den Uffizien in Florenz zu Beginn des Jahres konzentriert sich die Kaiserlauterer Schau nicht ausschließlich auf das Exil. Chronologisch wird der künstlerische Werdegang des Expressionisten nachgezeichnet. Und dabei auch der Lebemann und Bohème Rudolf Levy gezeigt, der unter anderem den bekannten Künstlerkreis im Pariser Café du Dôme mitgegründet hat. Die Macher beider Ausstellungen haben sich gegenseitig mit Leihgaben, aber auch Rechercheergebnissen unterstützt. Pfalzgalerie-Chef Steffen Egle spricht von einer äußerst konstruktiven Zusammenarbeit. „Die Zusammenarbeit war definitiv auf Augenhöhe, weil es uns um das Thema ging, weil es uns um Rudolf Levy ging. Und weil es uns beiden Partnern bewusst war, was für eine große Verantwortung wir haben, dieses Vermächtnis von Rudolf Levy jetzt auch wieder ans Tageslicht zu bringen.“ Uffizien und Pfalzgalerie wollen einem begnadeten Künstler zu seinem Recht verhelfen, dessen vielversprechende Karriere die Nazis jäh beendeten – und der mit 69 Jahren im Vernichtungslager Auschwitz ermordet wurde.  Auch vor dem Hintergrund des derzeit wieder zunehmenden Antisemitismus lohnt sich ein Besuch der Ausstellung. Und der Magie von Levys Farben kann man sich ohnehin kaum entziehen.