Der Ferne so nah.
Museum Villa Rot, Burgrieden-Rot.
Donnerstag bis Samstag 14.00 bis 17.00 Uhr, Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr.
Bis 24. September 2023.
www.villa-rot.de
„Der Ferne so nah“ lautet der poetische Titel der aktuellen Ausstellung in der Villa Rot. Es geht um innere und äußere Landschaften, um die immerwährende Suche nach Zugehörigkeit, nach dem, was das eng miteinander verzahnte Bedeutungsgeflecht von Identität, Vertrauen, Schönheit bewirkt. Im Erdgeschoss begrüßen einen im ersten Raum die Arbeiten der beiden Künstlerinnen: wie in der Romantik ist auch in den Werken der Malerin Jihye Park und der Fotografin Katharine Mac Daid das Idyll eine poröse Membran zwischen Realität und Betrachter. Der Dialog von detaillierter Ölmalerei und analogen Mittelformatfotografien funktioniert auf Anhieb.
Jihye Park malt mit feinstem Pinselauftrag förmlich ins Auge dringende, realitätsnahe Szenarien. Dennoch ist sie, die ihre Ausbildung als Meisterschülerin an der Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart abschloss und in Stuttgart lebt, weit entfernt vom Fotorealismus. Ihre Bilder behaust etwas Surreales, Irritierendes. Mitunter stellt man erleichtert die sublimen Beigaben von Humor und Poesie fest, die diese Unwirklichkeit herstellen. So etwa bei einem „Blick“ aus einem Panoramafenster über eine weite Waldlandschaft hinweg. Alles gemalt, natürlich, und gerade darum muss einem der „Wanderer über den Wolken“ von Caspar David Friedrich einfallen. Und wie dieser steht man beim Betrachten dieses Querformats mit dem Rücken zur Welt. Durch eine vor das Fenster gesetzte Schreibmaschine oder eine halb heruntergebrannte Kerze ruft die Künstlerin altbekannte „Vanitas“-Parallelen auf, setzt unsere Gegenwart gewissermaßen in die Vergangenheitsform.
Katharine Mac Daids Fotografien zeigen die menschliche Welt nur noch fragmentiert zwischen einer sich üppig ausbreitenden Natur. Wie die Romantiker sucht Mac Daid Erinnerungen an Orten, an denen sie niemals war, die sie nur aus Berichten kennt oder aus früher Kindheit. Damals zog sie mit ihren Eltern so oft um, dass sie zu keinem Ort eine Bindung aufbauen konnte. So ist für McDeid Heimat ein Begriff höchster emotionaler Spannung, eine Zerreißprobe, aus der eine spannende (Selbst-)Erkundung hervorgeht. Landschaft ist ihr Medium zur Befragung der eigenen Geschichte, des eigenen Blicks. Das darf, wie etwa im Video eines Jungen, der allein für sich in einer wie entvölkert wirkenden norwegischen Vorstadtsiedlung Frisbee spielt, unbequem sein. Daneben hat sich das Künstler*innenkollektiv Total Refusal mit „Widerständige Bilder“ einen anderen Zugriff auf „Landschaften“ gesucht. Sie erproben, wie man aus einem Ego-Shooter-Game entkommt. In „How to Disappear“ lässt das Kollektiv die digitalen Soldaten irrational agieren – und am Ende wirklich den Dienst verweigern! Diese Hommage an die Desertation lässt sich förmlich als Antikriegsfilm lesen.