Agnes Scherer bei Sans titre, Paris, Art Statements, Art Basel, Messe Basel, Halle 2.1.
15. bis 18. Juni 2023.
Donnerstag bis Sonntag 11.00 bis 19.00 Uhr.
www.artbasel.com
Heidelberger Kunstverein, Hauptstr. 96, Heidelberg.
Dienstag bis Sonntag 11.00 bis 18.00 Uhr.
Bis 6. August 2023.
www.hdkv.de
Er habe einen ganzen Wald aus Lanzen zerbrochen, und das bei einem einzigen Turnier. Damit, so erfährt man derzeit in der Ausstellung „Savoir Vivre“ von Agnes Scherer (*1985) im Heidelberger Kunstverein, rühmte sich im Mittelalter ein Turnierritter. Ein hoher Lanzenverschleiß galt als Auszeichnung. Als Zeichen der Männlichkeit und als Voraussetzung, um Ruhm und Ehre und im Sinne der Minnedichtung: die Liebe einer edlen Dame zu gewinnen. Ritter und Damen gibt es auch in „Savoir Vivre“. Das heißt: Zwei aufeinanderzu galoppierende Reiter und zwölf gestikulierende Hofdamen aus bemaltem Pappmaché. Konfrontiert damit fühlt man sich als Betrachter in etwa so, als würde man in eine grotesk überzeichnete Comic-Welt eintreten. Dieser Eindruck stellt sich auch bei anderen Arbeiten der Künstlerin ein, die bei der Art Basel an den Statements zu sehen sein werden. Scherer studierte Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Europäische Ethnologie in Tübingen und Wien und danach Malerei bei Peter Doig in Düsseldorf. Von 2018 bis 2020 arbeitete sie als Dramaturgin mit Sasha Waltz. Aktuell lebt sie in Berlin und Salzburg, wo sie an der Universität Salzburg Malerei lehrt.
Hypermaskuline Ritter und idealisierte Frauen begegnen uns nicht nur in der Minnedichtung, sondern scheinen als Stereotype angesichts von Serien wie „Game Of Thrones“ wieder gefragt zu sein. Auch sonst gibt es bei Scherer eine Linie zum Heute, was etwa die Zerstörung der Natur betrifft. Dass auch das Heute bald Vergangenheit sein wird, zeigte die Künstlerin in der Ausstellung „The Notebook Simulations“ 2020 und 2021 in Düsseldorf. Dort stellte sie riesige Notebooks aus, die wie archaisch anmutende Ruinen aussahen. Deren gemalte Bildschirme zeigten rätselhafte Szenerien mit Bezug zum „Augsburger Wunderzeichenbuch“ aus dem 16. Jahrhundert. Auch hier wurde der Ausstellungsraum zur Bühne, Zeitschichten und Präsentationsformen überlagerten sich. Wie oft im ungewöhnlichen, höchst originellen Werk von Scherer, die mit „Cupid and the Animals“ auch schon eine Operette inszenierte und dafür 2015 den Nigel Greenwood Art Prize bekam.