Christo & Jeanne-Claude: Paris. New York. Grenzenlos. Versuch der Korrektur eines Klischees

Christo und Jeanne-Claude während ihrer Aktion „Verhüllter VW-Käfer“, Düsseldorf 1963, © Christo & Jeanne-Claude Foundation, VG Bild-Kunst, Bonn 2022, Foto: bpk, Charles Wilp
Review > Schleswig > Schloss Gottorf
10. April 2023
Text: Falk Schreiber

Christo & Jeanne-Claude: Paris. New York. Grenzenlos.

Schloss Gottorf, Schlossinsel 1, Schleswig.
Dienstag bis Freiatg 10.00 bis 17.00 Uhr, Samstag bis Sonntag 10.00 bis 18.00 Uhr.
Bis 3. September 2023

www.museum-fuer-kunst-und-kulturgeschichte.de

[— artline Nord] Das ist das Problem mit Erfolgskünstlern: Man glaubt, längst zu wissen, was solche Kunstschaffenden eigentlich machen. Christo und Jeanne-Claude etwa. Das sind doch die, die den Berliner Reichstag verpackt haben, die Pariser Brücke Pont Neuf und den norditalienischen Iseosee. „Verpackungskünstler“ sagt man dann und insistiert so, dass das Künstlerehepaar eigentlich über Gebühr bekannt sei. Und verpasst damit seinen künstlerischen Rang, klar.

Das Schleswiger Museum Schloss Gottorf nimmt die gesamte Karriere des Paares in den Blick und versucht so, das Klischee von den „Verpackungskünstlern“ zu korrigieren. Die Ausstellung „Paris. New York. Grenzenlos“ zeichnet den Werdegang des am 13. Juni 1935 im bulgarischen Gabrowo geborenen Christo Wladimirow Jawaschew nach, der nach seinem Studium in Sofia über Prag, Wien und Genf nach Paris flüchtete und dort die am selben Tag in Casablanca geborene Jeanne-Claude Denat de Guillebon kennenlernte. Zunächst arbeitete Christo noch als klassischer Porträtmaler, unter Jeanne-Claudes Einfluss begann er aber bald, Alltagsobjekte zu verhüllen und so als Kunst zu adeln – es ging ihm um „Offenbarung durch Verbergen“, wie der Kunstkritiker und Warhol-Gefährte David Bourdon den Vorgang beschrieb.
Ab Ende der 1960er Jahre lebten und arbeiteten Christo und Jeanne-Claude in New York und per­fektionierten dort ihre Kunst zwischen Land Art, sozialer Skulptur und abstrakter Bildhauerei. Immer umfangreicher, auch monströser wurden die Aktionen: von der documenta-Installation „500 cubicmeter pa­ckage“ (1968) über die „Wrapped Coast“ im Osten Australiens (1969) und die „Surrounded Islands“ (1983) in der Biscayne Bay im Süden Floridas. Spätestens hier hatte sich das ästhetische Konzept verfestigt, das dann in den gigantomanischen Arbeiten „Verhüllter Reichstag“ (1995) und „L’Arc de Triomphe, Wrapped“ (2021) seine Höhepunkte fand. Wobei das Paar die Fertigstellung des letztgenannten Projekts nicht mehr erleben durfte: Jeanne-Claude starb 2009, Christo 2020.

Die Ausstellung nimmt die Leben der beiden Kunstschaffenden in den Blick und versucht eine genaue Nachzeichnung der Arbeiten – was auch die Finanzierung beinhaltet, die nicht über Eintrittsgelder oder Subventionen sichergestellt wurde, sondern durch den Verkauf von Skizzen, Dokumentationen und Merchandising. Ebenfalls beschrieben wird ein bis heute noch nicht realisiertes Projekt: die monumentale Skulptur „The Mastaba“ in der Liwa-Oase im Emirat Abu Dhabi, das voraussichtlich teuerste Kunstwerk der Gegenwart. Gigantomanisch, klar.