Fun Feminism: Das Emanzipationspotential des Witzes

Fun Ferminism
Sylvie Fleury, First Spaceship on Venus (Soft Rocket in Silver 1), 1999, © Sylvie Fleury, Foto: Julian Salinas
Review > Basel > Kunstmuseum Basel Gegenwart
21. November 2022
Text: Annette Hoffmann

Fun Feminism.
Kunstmuseum Basel | Gegenwart, St. Alban-Rheinweg 60, Basel.
Dienstag bis Sonntag 11.00 bis 18.00 Uhr.
Bis 19. März 2023.
www.kunstmuseumbasel.ch

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Rosemarie Trockel, Ohne Titel, 1987, Kunstmuseum Basel, © Rosemarie Trockel &ProLitteris, Zürich
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Kawita Vatanajyankur, The Scale, 2015, Ausstellungsansicht, Courtesy of the artist & Nova Contemporary, Bangkok, Foto: Gina Folly
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Lily van der Stokker, Yelling Older Women, 2014, © Kaufmann Repetto Milan/New York, Foto: Julian Salinas

Geht Feminismus auch in Pink und im Kindchenschema als solcher durch? Ist es nicht furchtbar anstrengend, zu glauben immer auf sich aufmerksam machen zu müssen? Im Kunstmuseum Basel | Gegenwart kann man derzeit auf einem rosa Schild in Form einer knubbeligen Wolke „Only Yelling Older Women in Here. Nothing to Sell“ lesen. Das ist dann wohl das Schicksal älterer Frauen: immer schreien, immer hysterisch. Einzig die Jugend verkauft sich. Natürlich ist Lily van der Stokkers (*1954) Arbeit ein bisschen perfide. Schließlich hat die niederländische Konzeptkünstlerin Erfolg und in den letzten Jahren reihen sich die Wiederentdeckungen von Künstlerinnen, die zu Unrecht in Vergessenheit geraten sind, aneinander.

Und so haben die beiden Basler Künstlerinnen Senam Okudzeto und Claudia Müller eine offene Tür eingerannt als sie sich an das Kunstmuseum Basel wandten und fragten, wie es das Haus mit dem Feminismus und überhaupt mit Künstlerinnen halte. Wer solche Fragen stellt, hat die Guerrilla Girls auf seiner Seite. Bereits in den 1980er Jahren dokumentierten sie die Zahl der Ausstellungen von Künstlerinnen in New Yorker Galerien. 1985/86 etwa war in der Galerie Marian Goodman keine einzige Schau einer Künstlerin zu sehen, im nächsten Jahr immerhin eine. Die Guerrilla Girls kommentierten wohlwollend-ironisch diese Bemühung. ‒ „It’s even worse in Europe“ steht in Basel auf der Wand. Ja und nein, schließlich sind die Arbeiten des anonymen Künstlerinnenkollektivs Teil der Sammlung, die dennoch keinen hohen Frauenanteil aufweist. Es liegt nicht allein an der Bedeutung der mittelalterlichen und neuzeitlichen Malerei für das Kunstmuseum Basel. Arbeiten von Rosemarie Trockel, Cindy Sherman und eben den Guerrilla Girls, wurden angekauft, erzählt Maja Wismer, Leiterin Gegenwartskunst und mit Alice Wilke, Senam Okudzeto und Claudia Müller Kuratorin der Ausstellung „Fun Feminism“. Und viele Videos. Das ist kein Zufall, denn oft wurden ganze Konvolute erworben und neue Medien wirbeln jeweils die Machtverhältnisse im Kunstfeld durcheinander. Doch eine Schau über feministische Kunst, die die Sache zugleich nicht ganz so ernst nimmt, allein aus der Sammlung zu organisieren, funktionierte dann doch nicht.

Mit dem Witz ist es ja so eine Sache. Er braucht Kontext und Wissen. Fraglos komisch ist, dass Lynda Benglis (*1941) 1974 ein Foto von sich, nackt und mit imposanter Penisprothese, als Anzeige in das Magazin Artforum schmuggelte. Als eigenständige Arbeit zu einem redaktionellen Beitrag über die Künstlerin war das Foto zuvor abgelehnt worden. Die Komik von „Advertisement“ liegt in der Überwindung der Prüderie durch die Gesetze des Kapitalismus. Ihre Arbeit „Foxtrott“ kam unter der Direktion Josef Helfenstein in die Sammlung. Immer noch komisch ist Martha Roslers (*1943) „Semiotics of the Kitchen“ von 1975. Ihre Leichenbittermiene, mit der sie das Alphabet der Küchengeräte vorführt, zeigt, dass Hausfrauen nicht zwingend glückliche Menschen sind. Dass diese auch in Puck Verkades (*1987) Animation „Plague“ von 2019 in der komischen Verdrehung des Serientitels „Desperate Housewifes“ in „Desperate Houseflies“ immer noch Feindbild ist, wundert. Das Haus wird hier zum Sinnbild des Rückzugs und der Hybris, zu glauben Ressourcen verschwenden zu können. Auch in Fatimah Tuggars (*1967) Video „Fusion Cuisine“ bilden amerikanische Werbeclips eines automatisieren Haushalts den Kontrast zu afrikanischen Familienfeiern. Das wäre lustiger, wenn die technische Adaption der Arbeiten der in Nigeria geborenen und mittlerweile in den USA lebenden Künstlerin auf heutige Geräte nicht zu solchen Unschärfen führen würde.

Warum muss Kunst von Frauen, die kaum mehr machen als Sichtbarkeit für sich zu beanspruchen, überhaupt komisch sein? Wird von Aktivisten verlangt, den Klimawandel mit Humor zu nehmen oder eklatante Menschrechtsverletzungen? Die Arbeiten der Ausstellung bräuchten nicht die thematische Klammer, sie könnten sich, wie etwa die Malereiinstallation frei hängender Leinwände von Vivian Suter, die parallel zu sehen ist, einfach ihren Raum nehmen.