Eine Frau ist eine Frau: Drei Fragen an Elisabeth Bronfen, Gastkuratorin der aktuellen Schau am Aargauer Kunsthaus

Heidi Bucher, Borg, 1978, Courtesy the Estate of Heidi Bucher / Leiko Ikemura, Interior V, 1989, © 2022, ProLitteris, Zürich, Ausstellungsansicht Aargauer Kunsthaus, Foto: Zoe Tempest, Zürich
Thema
28. Oktober 2022
Text: Redaktion

Elisabeth Bronfen ist Professorin für Anglistik und American Studies an der Universität Zürich.
Eine Frau ist eine Frau ist eine Frau.
Aargauer Kunsthaus, Aargauerplatz, Aarau.
Dienstag bis Sonntag 10.00 bis 17.00 Uhr, Donnerstag 10.00 bis 20.00 Uhr.
Bis 8. Januar 2023.
www.aargauerkunsthaus.ch

Doris Stauffer, Schneewittchen und die acht Geisslein, 1966, Foto: Brigitt Lattmann
Dorothy Iannone, Ohne Titel, aus: People, 1967

artline: Derzeit richten viele Museen ihren Blick auf die Künstlerinnen in ihren eigenen Sammlungen. So auch das Aargauer Kunsthaus, das Sie als Kuratorin anfragte. Welchen Fokus hat Ihre Ausstellung?
Elisabeth Bronfen: Das Aargauer Kunsthaus stellt dieses Jahr seine eigene Sammlung aus und hat mich deshalb angefragt, meinen Aussenblick auf diese zu werfen. Ausgangspunkt für das Kuratieren der Ausstellung „Eine Frau ist eine Frau ist eine Frau..“ war die Frage danach, was es heisst, noch einmal, und zugleich anders, mit einem spezifischen Blick auf eine Sammlung zu schauen, in diesem Fall geleitet von der Frage: Was haben Künstlerinnen im 20. Jahrhundert geschaffen? Wie lässt sich diese Geschichte erzählen, wenn man von den 70er-90er Jahren ausgeht und auf die klassische Moderne zurückblickt? Aber auch: Wie lässt sich die Sammlung heute anders lesen? Welche Zentren der Intensität lassen sich mit diesem neu ausgerichteten Blick erkennen, festlegen? Mit welchen Künstlerinnen lassen sich die Werke der Sammlung ergänzen, Lücken füllen.

artline: Welche Entdeckungen haben Sie während Ihrer Recherche in der Sammlung gemacht, mit denen Sie nicht gerechnet hätten?
Elisabeth Bronfen: Entdeckt habe ich nicht nur viele Künstlerinnen, die ich vorher nicht kannte, sondern auch, wie vielseitig Künstlerinnen gestaltet haben und zugleich welche dichten Verbindungslinien sich zwischen ihnen ziehen lassen. Entdeckt habe ich auch unerwartete Gespräche, die sich im Rahmen einer Kuration ergeben können, so etwa das im letzten Raum der Ausstellung zwischen Sophie Taeuber-Arp, Meret Oppenheim und Sonja Sekula. Da erscheinen auch mir bekannte Kunstwerke nochmals in einem anderen Licht.

artline: Wie lässt sich die Sichtbarkeit von Künstlerinnen in den Museen ausbauen und nachhaltig sichern?
Elisabeth Bronfen: Bewusstsein dafür schaffen und immer wieder auf frische Weise mit Fragestellungen an diese Werke herantreten, die die relevanten Fragen einer bestimmten Zeit seien, um immer wieder aufzuzeigen, wie Kunst von Frauen eine Wirkung, Ausstrahlungskraft und Bedeutung transhistorisch, über Generationen hinweg beibehalten kann. Baudelaire sagte einmal, „il faut être de son temps“. Das kann auch bedeuten, Werke, die zu anderen Zeiten geschaffen wurden für die eigene Zeit – wieder – fruchtbar zu machen, um somit in der eigenen Zeit zu wirken.