Helen Feifel

Helen Feifel
Helen Feifel, Rain, 2020, Courtesy Helen Feifel & Kadel Willborn, Düsseldorf, © VG Bild-Kunst, Bonn 2022
Porträt
23. Oktober 2022
Text: Annette Hoffmann

Helen Feifel.
Städtische Galerie Karlsruhe, Lorenzstr. 27, Karlsruhe.
23. Oktober 2022 bis 16. April 2023.
www.staedtische-galerie.de
helenfeifel.com

Helen Feifel
Helen Feifel, Stage, 2021, Courtesy Helen Feifel & Kadel Willborn, Düsseldorf, © VG Bild-Kunst, Bonn 2022
Helen Feifel
Helen Feifel, Untitled (I. MIYAKE), 2021, Courtesy Helen Feifel & Kadel Willborn, Düsseldorf, © VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Vielleicht wäre Helen Feifel (*1983) auch eine gute Handwerkerin geworden. Nicht mit dem Anspruch, die immer gleichen Handgriffe automatisch ausführen zu können. Eher, dass sie formale Anforderungen als lösbar begreift. Und wenn Helen Feifel sich solchen Herausforderungen stellt, probiert sie aus, sie sucht nach besseren Lösungen. Und sie liest. Feifel besorgt sich Literatur zu den Techniken, die sie anfixen. Wer sich fürs Töpfern, das Weben oder das Fotografieren interessiert, weiß, man ist nicht der erste. Man kann darauf aufbauen, was andere vor einem geschaffen haben.

Wenn sie jetzt in der Städtischen Galerie Karlsruhe auf Einladung des Förderkreises ausstellt, ist dies eine Rückkehr zu ihrem Studienort. Und bereits während sie an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe die Klassen von Meuser und Daniel Roth besuchte, begann sie sich für Keramik zu interessieren. In Karlsruhe kein Ding. Die Majolika Keramik Manufaktur, die vor mehr als 100 Jahren gegründet wurde, ist immer noch sehr präsent in der Stadt. Doch die Vasen und Gefäße, die Feifel erst zerbrach und dann neu zusammensetzte, sahen eher nach mehreren Haushaltsauflösungen aus. Eher speziell als besonders geschmackssicher. Feifel hat diese Werkgruppe später weiterentwickelt, indem sie aus diesen Skulpturen Gussformen machte. Die Oberflächen der so entstandenen neuen Arbeiten konnte sie selbst gestalten. Sie tat es, nicht ohne auf die besondere Machart dieser Skulpturen hinzuweisen, die Spuren des Heißklebers, der die Scherben zusammenhielt, eliminierte sie nicht. Die Techniken, mit denen Feifel sich befasst, müssen nicht aufeinander aufbauen. Was sie verbindet, ist, dass sie so gewöhnlich sind und völlig unzeitgemäß erscheinen.

In ihrer Ausstellung im Kunstverein Braunschweig 2015 zeigte sie auch einen Wandteppich, der in der traditionellen Ikattechnik entstand. Das Motiv jedoch, das sich kaum mehr erahnen ließ, war ein Gemälde Casper David Friedrichs, das sie in unzählige, selbst eingefärbte Fäden umsetzte, die verwebt harmonische Farbverläufe ergaben. Je mehr Helen Feifel über die jeweiligen Techniken weiß, desto größer ist ihre Kontrolle über den Prozess. Sie könne sehr viel Zeit mit einer Arbeit verbringen, hat Helen Feifel einmal gesagt und dass sie einen Hang zum Material, zum Taktilen habe. Doch nicht weniger als die Technik ist Feifel das Konzept wichtig, das ihren Arbeiten zugrunde liegt und deren Ästhetik.

Ihre neueren Fotografien folgen einem ganz ähnlichen Weg. Eigentlich sind sie eine sehr avancierte Form der Modefotografie. Feifel schafft aus Papier Kleidung, sie schneidet es ein, um eine Art Spitzeneffekt zu erzielen, manchmal bemalt sie das Material. Dann fotografiert sie die Models. In einem weiteren Schritt bearbeitet sie die Fotos mit einer farbigen Eiweißlasur. Die Figur tritt hier an die Stelle der früheren Keramikskulpturen. Manchmal sind die Aufnahmen danach so stark verfremdet, dass die Kleidung kaum mehr zu erkennen ist, manchmal folgen die Pinselschwünge einem bestimmten Rhythmus, betonen die Linie einer Haltung und die Silhouette der Kleidung. Auch wenn diese neueren Arbeiten leicht und elegant wirken, darf man sich den Entstehungsprozess nicht allzu geschmeidig vorstellen. Helen Feifel sucht den Widerstand des Materials, wählt Formate, die nicht leicht zu bändigen sind  und nimmt die größten Umwege, um letztendlich Figuration in Abstraktion zu kondensieren.