Biennale für aktuelle Fotografie: Im Einklang mit der Umwelt

Michał Iwanowski, aus der Serie „Go Home Polish“, 2018, Courtesy the artist
Thema
16. März 2022
Text: Dietrich Roeschmann

Biennale für aktuelle Fotografie: From Where I Stand.
19. März bis 22. Mai 2022.
Kunsthalle Mannheim, Reiss-Engelhorn-Museum Mannheim, Heidelberger Kunstverein, Kunstverein Ludwigshafen, Wilhelm-Mack-Museum Ludwigshafen und Port25, Mannheim.
www.biennalefotografie.de

Alexandra Baumgartner, aus der Serie „How like a leaf I am“, 2018– , Courtesy the artist
Rafał Milach, Archive of Public Protests, Courtesy the artist

Grell violett leuchtet der Gesteinsbrocken vor intensiv gelbfarbigem Hintergund. Die britische Fotografin Lisa Barnard (*1967) hat den Komplementäreffekt mit Bedacht gewählt.  Er erzählt von der angeblichen Eigenschaft von Gold, unter UV-Licht zu fluoreszieren, was den Schürfenden beim Aufspüren der Edelmetalladern im Fels helfe. Ein Mythos, der sich so hartnäckig hält wie die Vorstellung des Potenzgewinns durch den Verzehr von blattvergoldeten Steaks, mit dem Ex-FC-Bayern-Star Franck Ribéry 2018 provozierte. Lisa Barnard erkundet in ihren Arbeiten die ökologischen, gesellschaftlichen und kulturellen Folgen des Abbaus und Handels von Gold. Ihre Serie „The Canary and The Hammer“ ist jetzt in der Ausstellung „Contested Landscapes“ in der Kunsthalle Mannheim zu sehen, als Teil der Biennale für aktuelle Fotografie in Heidelberg, Mannheim und Ludwigshafen.  

Sechs Institutionen zeigen in diesem Jahr unter dem Titel „From Where I Stand“ fotografische Langzeitprojekte, die oft mit großem Rechercheaufwand realisiert wurden. Die lange Strecke ist durchaus programmatisch zu verstehen, denn es geht um den Blick auf die Menschen sowohl als Akteure als auch als Betroffene grundlegender Veränderungen und um langfristige Entwicklungen wie Klimawandel, Migration und die dynamische Macht der Algorithmen. Ebenso programmatisch ist für die Biennale-Kuratorin Iris Sikking (*1968) aber auch die Reflexion über die eigene Involviertheit der Fotografinnen und Fotografen in das Geschehen, das sie dokumentieren. „Ich arbeite gerne mit Künstlerinnen und Künstlern zusammen, deren Praxis sich an der Schnittstelle von Fotografie, zeitgenössischer Kunst und Aktivismus bewegt“, sagt Sikking, die in Amsterdam lebt und zuletzt künstlerische Projekte über Care-Arbeit oder die Zukunft der Landschaft um Fukushima kuratierte. „Indem die Ausstellungsbesucher verschiedene Sichtweisen kennenlernen, werden sie vielleicht auch dazu ermutigt, nötige Veränderungen mitanzustoßen“. Viele Arbeiten der 40 Beteiligten kreisen um Fragen der Selbstermächtigung. Misha Vallejo Prut (*1985) etwa erzählt in „Secret Sarayaku“ die Geschichte einer Gruppe von Indigenen im Amazonasgebiet von Ecuador, die im Kampf für den Schutz ihres Waldes zu Cyber-Aktivisten wurden. Alexandra Baumgartner (*1973) sammelt in „How like a leaf I am“ Geschichten von Menschen, die in der Rückbesinnung auf traditionelle landwirtschaftliche Praktiken das Leben im Einklang mit der Natur suchen, und während Rafal Milach (*1985) mit dem von ihm begründeten „Archive of Political Protests“ ein im Internet und auf Instagram fortlaufend wachsendes Bildgedächtnis der Gegenkultur in Polen präsentiert, fragt die Ausstellung „Shaping Data“ nach dem emanzipatorischen Potenzial digitaler Technologie.