Laura Sacher

Laura Sacher, ohne Titel, Installationsansichten Kunsthaus L6, Freiburg, 2021, Foto: Laura Sacher
Porträt
28. Oktober 2021
Text: Dietrich Roeschman

Laura Sacher.
Kunsthaus L6, Lameystr. 6, Freiburg.
Donnerstag bis Freitag 16.00 bis 19.00 Uhr, Samstag bis Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr.
Finissage am 7. November 2021 um 11.00 Uhr.

Laura Sacher, ohne Titel, Installationsansichten Kunsthaus L6, Freiburg, 2021, Foto: Laura Sacher
Laura Sacher, intimacy of a corner, 2020, Foto: Rainer Diehl

Vor dem Freiburger Kunsthaus L6 parkt ein alter Ford Transit Pritschenwagen. Auf der Ladefläche verspannt liegen ein paar rohe Balken. Laura Sacher (*1991) wird sie für die Konstruktion einer Rampe nutzen, die sie in den Ausstellungsraum bauen will. Neben drei kleinen Tonplastiken und einer Werkzeugkiste sind es die einzigen Dinge, die die Künstlerin für ihre Soloschau anlässlich der Verleihung des Paul Ege Kunstpreises 2020 aus Mannheim mitgebracht hat. Die Auszeichnung, die alle drei Jahre von der Ege Kunst- und Kulturstiftung vergeben wird, will junge Kunstschaffende in der oft prekären Phase kurz nach Abschluss der Akademie etwas Luft verschaffen bei der Realisierung ihrer künstlerischen Projekte. Eigentlich hätte die Ausstellung schon im vergangenen Herbst eröffnen sollen. Doch dann stiegen die Corona-Inzidenzen und die Häuser schlossen erneut, wie im Frühjahr 2020, wenige Wochen, nachdem Laura Sacher ihre Tochter zur Welt gebracht hatte. Für die junge Künstlerin und Mutter war die Situation Herausforderung und Chance zugleich. Zum einen habe sie im Corona- und im Baby-Lockdown so viel zu tun gehabt wie nie zuvor, sagt sie, „zum anderen habe ich in der Isolation paradoxerweise gelernt, wie wichtig es ist, sich zusammenzutun“.

Laura Sacher, die an der Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe Bildhauerei bei Harald Klingelhöller und Katinka Bock studiert hat, lebt und arbeitet seit vergangenem Jahr im Künstlerhaus Barac im neuen Mannheimer Stadtteil Franklin, der derzeit auf dem ehemaligen US-amerikanischen Militärgelände Benjamin-Franklin-Village entsteht. Gegründet würde das Barac 2020 als Atelier- und Wohnprojekt für junge Kunstschaffende, die gemeinschaftlich den neuen Raum diskutieren und gestalten – „eine Sozialutopie mit unsicherem Ausgang“, wie es auf der Homepage des Projekts heißt. Dazu gehören unter anderem auch eine Reihe von Studios zur exprimentellen Erkundung künstlerischer Praktiken wie ein Farb- und ein Küchenlabor – oder das Erdlabor, das Laura Sacher gründete, nachdem sie zusammen mit anderen auf dem Gelände eine Lehmader entdeckt hatte. Mit gutem, brennbaren Material für freie keramische Arbeiten, aber auch für das Geschirr des Wohnprojekts. Sacher arbeitet schon seit langem mit Ton.  Was sie interessiert sind immaterielle Prozesse und das Sichtbarwerden formbildender Kräfte im Material oder in Spuren, die Fährten legen in reale oder imaginierte Räume außerhalb der Kunst. Zu Beginn ihres Studiums grub sie sich so durch einen massiven Tonzylinder in der Länge ihres Körpers und formte das Resultat der Anstrengung in Gips ab. Später, als Meisterschülerin, warf sie Ton in die Ecken ihres Akademie-Ateliers, die so zu Hohlformen für lebensgroße Plastiken über Fragen der Intimität von Räumen oder die vielfältige Funktion der Wand als Grenze und als Membran für dahinter Verborgenes wurde. Auch ihre Arbeit im Kunsthaus L6 handelt von Wänden. In einem radikalen Eingriff hat sie hier zwei Mauerverblendungen demontiert, so dass die Fenster des einstigen Postgebäudes nun wieder in ihrer ursprünglichen Größe Licht in den Raum lassen. Das Material verbaute Sacher zu der Rampe, die als Bühne für ihre Skulpturen dient. Diese wiederum ist Teil einer kollektiven Arbeit, welche erst mit der Dauer der Schau Gestalt annehmen wird – und zwar in Freiburg und in vier weiteren Städten, in denen Sacher Kunstschaffende gebeten hat, je eine Arbeit beizutragen, die dann dort für kurze Zeit im öffentlichen Raum zu sehen sein wird. Ort dieser kleinen Pop-Up-Schauen ist jeweils die mit überschüssigen Wandresten aus Freiburg beladene Pritsche ihres Transporters, der zur Finissage mit den unterwegs gesammelten künstlerischen Arbeiten schließlich vor dem Kunsthaus L6 parken wird. Konsequenter als in diesem vielfältig mobilen, offenen Format lässt sich prozesshafte Kunst wohl kaum ausstellen.