Kostas Maros bei Galerie 94, Baden, Photo Basel, Volkshaus Basel.
Die Carrara-Steinbrüche sind ein solcher Mythos, dass sie sogar als Destinationen für Abenteuerreisen angeboten werden. Mit dem Jeep zum Marmor. Die aktuelle Werkgruppe „Cicatrice“ von Kostas Maros (*1980) hat sich zwar ganz schlüssig aus dessen vorherigem Projekt „Hidden“ entwickelt, doch versteckte Orte sind die Steinbrüche gerade nicht. Sie sind Teil des kulturellen Gedächtnisses. Michelangelo hat hier seinen Marmor bezogen. Heute geht er vor allem in den Nahen Osten, wo er auch bei religiösen Stätten Verwendung findet, erzählt der Basler Fotograf.
Bevor Kostas Maros in die Apuanischen Alpen fuhr, las er sich erst einmal ein und schrieb Briefe. Wie bei „Hidden“, seinem letzten großen Projekt, für das er verborgene und verschlossene Orte in der Schweiz weckte und fotografierte, ging auch „Cicatrice“ viel Büroarbeit voraus. So lernte er einen Aktivisten kennen, der ihn vergangenen Herbst durch die Steinbrüche führte. Ihre Produktivität hat sich in den letzten Jahren enorm gesteigert, wurden früher drei Tonnen pro Woche entnommen, liegt die Menge eines Vormittags mittlerweile bei 30 Tonnen. Der Profit geht an den Dörfern vorbei, immer weniger finden hier Arbeit, stattdessen hat sich der LKW-Verkehr vervielfacht. Und dann sind da noch der Staub und die zunehmenden Überschwemmungen. „Cicatrice“ bedeutet Narbe.
„Es ist ein zwiespältiger Ort“, sagt Maros. Da sind einerseits die Verletzungen durch den industriellen Abbau, andererseits hat der Ort „auch etwas Mystisches und Majestätisches“. Bei Kostas Maros kommen die Steinbrüche zu sich selbst. Er hat jenseits der Arbeitszeiten fotografiert. Die Fotos sind mit der Fachkamera entstanden, das langsamere Arbeiten schien ihm dem Marmor angemessen. Manchmal legt sich Nebel über den Stein und außer ein paar Leitern und den Zufahrtsstraßen wirkt der Steinbruch beinahe unberührt. Das ist er nicht. Wie Zeichnungen wirken die Einkerbungen der Blöcke, die demnächst abgebaut werden sollen, das Weiß setzt sich gegen den grauen Stein wie Farbe auf der Leinwand ab. Der Marmor ist hier einmal nicht Material, sondern ein eigenständiges Werk.