Corona Studios II: Lidong Zhao

Lidong Zhao, Ohne Titel (Stillleben), 2021, C-Print, Größe variabel, Courtesy the artist
Thema > Corona Studios II
23. März 2021
Text: Lidong Zhao

Lidong Zhao, *1986, lebt und arbeitet in Freiburg i.Br.

www.lidongzhao.com

Zuletzt waren Fotografien von Lidong Zhao in einer umfangreichen Einzelausstellung im Kunsthaus L6, Freiburg sowie in einer Gruppenschau im Kunsthaus Essen zu sehen. Ab 26. September 2021 zeigt das Merdinger Kunstforum eine Soloschau von Lidong Zhao.

Lidong Zhao, Ohne Titel (Stillleben), 2021, C-Print, Größe variabel, Courtesy the artist
Lidong Zhao, Ohne Titel (Stillleben), 2021, C-Print, Größe variabel, Courtesy the artist

Vier Fragen an Lidong Zhao

Hast du staatliche Hilfen beantragt? Wenn nicht, warum nicht , wenn ja, wurden sie bewilligt? Gab es ausgefallene oder verschobene Ausstellungen, Veranstaltungen, Stipendien, Jobs, Reisen, gab es Verkäufe?
Staatliche Hilfen habe ich nicht beantragt, da ich in keines der Programme gepasst habe. Eine Einzelausstellung im Merdinger Kunstforum, die im Moment noch laufen würde, wurde glücklicherweise auf Ende September (ab 26.9.) verschoben. Ich hoffe, dass dann Kunst wieder analog zugänglich sein wird.
Meine Beteiligung an der Regionale 21 in der Cargobar in Basel war leider nicht sichtbar – gehängt wurde die Ausstellung allerdings trotzdem. Meine Bilder sind nun, aufgrund der Reisebeschränkungen noch immer in Basel, aber gut bei den Kurator*innen Sanja Lukanović und Claude Gaçon aufgehoben.
Ich habe von dem aufgrund der Coronakrise ausgerufenen Sonderprogramm für Kunstankäufe für nichtstaatliche Museen des Landes Baden-Württemberg profitiert: Drei meiner Landschaftsfotografien wurden durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst für das Museum für Neue Kunst in Freiburg angekauft, was mich natürlich sehr freut!
Insgesamt war das vergangene Jahr für mich persönlich trotz allem sehr positiv. Dadurch dass ich im vergangenen Jahr auch noch fünf Monate in Elternzeit war, war ich nicht so sehr betroffen. Sorgen macht mir eher das laufende Jahr.

Hat sich deine Arbeit während des letzten Jahres verändert?
Ja, in den letzten Monaten habe ich beschlossen, einen Teller, den ich schon im Jahr 2017 fotografiert habe, wieder zu fotografieren. Und ich fotografiere ihn nicht nur einmal, sondern viele Male. Ich möchte untersuchen, welche Möglichkeiten zwischen mir und dem Teller noch bestehen und was durch die Wiederholung erscheinen wird. Die Untersuchung basiert auf dem Gedanken der körperlichen Wahrnehmung. Sie beschreibt die Vorstellung, dass Erfahrung über den Körper und nicht so sehr über das Wissen passiert. Es ist, was der moderne japanische Philosoph Nishida als reine Erfahrung beschreibt: Es ist eine Erfahrung oder Wahrnehmung, die vor dem Nachdenken, vor dem urteilenden Einordnen und dem Wissen liegt.
Somit fließt natürlich die Erfahrung des letzten Jahres und damit auch die Corona-Situation in meine Arbeit ein. Trotzdem würde ich eher sagen, dass die Entwicklung in meiner Arbeit nicht wirklich mit der Coronakrise zusammenhängt. Aber vielleicht beurteile ich das in ein paar Monaten oder Jahren anders.
 
Welchen Einfluss hat der langfristige Lockdown auf den Austausch mit anderen? Was macht das mit der Kunstszene?
Der Austausch fehlt sehr, sicherlich jedem und jeder. Vor allem der informelle Austausch auf Eröffnungen und Veranstaltungen. Natürlich kann man sich online verabreden, aber das ist einfach nicht dasselbe. Ich habe jetzt ein städtisches Atelier in Freiburg – und kenne auch nach fast zwei Monaten die anderen Künstler*innen im Haus noch immer nicht. Es ist schon eine Vereinzelung, die stattfindet.
Man kann nur hoffen, dass diese gezwungene Verlagerung ins Digitale auch in der Nach-Corona-Zeit positiv genutzt werden wird.
 
Die Kultur war schnell und hart betroffen und ist es nach wie vor, bislang unabsehbar. Wie hätte ein anderer Umgang mit Kunstschaffenden aussehen können? Wie soll es weiter gehen, was muss anders werden?
Kunst und Kultur darf nicht mit Freizeitvergnügen gleichgesetzt werden. Dass dies hier ohne Weiteres so geschehen ist im Gegensatz zur Schweiz, ist wirklich erschreckend. Museen und andere Kultureinrichtungen mussten Anfang November schließen, der Einzelhandel erst Mitte Dezember. Das ist schon irritierend. Wie soll es weitergehen? Ich hoffe, dass auch wenn es zu einer dritten Welle kommen wird, Kunstschaffende mehr Wertschätzung erfahren und von Seiten der Politik gesehen wird, welche Bedeutung Kunst und Kultur für die gesamte Gesellschaft haben.



Corona Studios II ist ein Projekt der Redaktion artline.org,
ermöglicht dank großzügiger Unterstützung vom Kulturamt der Stadt Freiburg