Claudia Emmert: „Wir wollen das Format Ausstellung neu denken“

Claudia Emmert, © Zeppelin Museum Friedrichshafen
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12. Februar 2021
Text: Redaktion

Beyond States. Über die Grenzen von Staatlichkeit.
Zeppelin Museum, Seestr. 21, Friedrichshafen.
Dienstag bis Sonntag 10.00 bis 17.00 Uhr.
Bis 7. November 2021.

Zeppelin Museum

artline: Eigentlich hätte die Ausstellung „Beyond States – Über die Grenzen von Staatlichkeit“ im Mai starten sollen. Jetzt haben Sie stattdessen ein Debatorial online gestellt? Was ist die Idee?
Claudia Emmert: Wir wollten ein neues interaktives Format entwickeln, das sich vom bisher bekannten musealen Rahmen löst und die Rolle des Museums als Ort der Bildung, Forschung und der demokratischen Partizipation neu schreibt. Dadurch sollte der interdisziplinäre Ansatz, den das Zeppelin Museum in allen großen Ausstellungen verfolgt, transdisziplinär weiterentwickelt werden. Wir haben also überlegt, wie wir die lebensweltlichen Erfahrungen und Verarbeitungsstrategien einer breiten Öffentlichkeit in unsere wissenschaftlichen Analysen einfließen lassen können. Eine Lösung war, das Debatorial als partizipatives Online-Forum der physischen Ausstellung „Be­yond States“ voranzustellen, verbunden mit der Einladung Kommentare zu schreiben, Quiz und Umfragen zu beantworten usw.

Wie eng hängt das Debatorial mit dem Thema der Ausstellung zusammen, die voraussichtlich im Januar 2021 eröffnen soll?
Das Debatorial ist inhaltlich und strukturell eng an die physische Ausstellung gebunden. Man findet dieselben Werke der Künstlerinnen sowie fast alle historischen Exponate online wieder, in derselben inhaltlichen Gliederung. Das Debatorial schreiben wir bis zum Ende der Ausstellung permanent fort, füllen es mit neuen Inhalten. Jede Woche kommen Live-Formate hinzu, Vorträge und Diskussionen mit Künstler*innen, Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen. Das Debatorial spiegelt also die Ausstellung im digitalen Raum und geht zugleich über sie hinaus. Daher wird es selbst ein wichtiges Element in der Ausstellung sein. Die Besucher*innen können vor Ort aktiv werden und einen persönlichen Beitrag zum Diskurs leisten.

Wird das Format des Debatorials ein einmaliges, der aktuellen Situation geschuldetes Projekt bleiben oder künftig auch andere Ausstellungen in Ihrem Haus flankieren? Wäre es als ausstellungsunabhängiges Format denkbar?
Wir werden das Debatorial auch für kommende Ausstellungen nutzen, das nächste Mal zu unserer Jubiläumsausstellung „Fetisch Zukunft“. Grundsätzlich könnte es auch ausstellungsunabhängig funktionieren. Unser Ziel war aber, die digitalen und analogen Zielgruppen und Diskurse miteinander zu verschränken und so das Format Ausstellung als partizipativen Prozess neu zu denken. Denn die Museen werden eine neue Debattenkultur etablieren müssen.