Lise Soskolne

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6. Oktober 2020
Text: Nora Gantert

Lise Soskolne: Humour Then
Kunstverein Nürnberg, Kresnegartenstr. 2, Nürnberg.
Dienstag bis Freitag 14.00 bis 18.00 Uhr, Samstag und Sonntag 13.00 bis 18.00 Uhr.
Bis 25. Oktober 2020.

www.kunstvereinnuernberg.de

Die kanadische Künstlerin Lise Soskolne (*1971) zeigt im Nürnberger Kunstverein ihre erste Einzelausstellung in Deutschland. Diese kleine feine Werkschau gibt einen Einblick in ihr künstlerisches Schaffen zwischen 2002 und 2020. Bei den 14 ausgestellten Leinwänden können sich die Besucherinnen und Besuchern sehr gut die Zeit nehmen, jede einzelne für sich zu betrachten. Denn Soskolnes Gemälde sind tatsächlich nur die bunte Oberfläche ihrer Recherchen. Zu jedem Bild verfasste die Künstlerin einen Text, sehr passend „Provenienzprotokolle“ genannt, die die Fülle an kultur- und sozialpolitischen Schichten offenlegen und zeigen, was sich gedanklich hinter den Leinwänden verbirgt. Die Bildexegese wird dabei zur Kulturgeschichte unserer Zeit. Soskolne findet ihre Motive überall, in den traditionellen Medien wie Magazinen, Werbeanzeigen, Zeitungen, aber auch in Antiquariaten. Ihr Interesse geht dabei keinen geradlinigen analytischen Gang, vielmehr sind es die geheimen und verworrenen Geschichten hinter den Bildern, die sie aufspürt. Aus kleinen Abbildungen in der Zeitung werden großformatig Ölgemälde. Damit setzt sie den singulären Geschichten Denkmale, die nicht selten kunsthistorische Bezüge erkennen lassen. „(b)light, derived from a painting by Michael Patterson” zum Beispiel entstand nach einer dreijährigen Schaffenspause der Künstlerin und adaptiert ein Gemälde von Michael Patterson. Allerdings erinnert es auf den ersten Blick an eine Ikone des französischen Impressionismus, das Gemälde „Bal du moulin de la Galette“ (1876) von Pierre-Auguste Renoir. Das tanzende Licht, die versonnene Stimmung, sogar die Bäume im Hintergrund befinden sich in der gleichen Sichtachse. Ist das ein bildkompositorischer Zufall oder kalkulierte kunsthistorische Anleihe?

Solskolne ist in Amerika, wo sie seit den späten 1990ern lebt, nicht nur für ihre Kunst anerkannt, sondern besonders für ihr Engagement für die faire Bezahlung von Künstlerinnen und Künstlern. Mit W.A.G.E. (Working Arts and the Greater Economy) hat sie eine Vereinigung geründet, die sich fast als Gewerkschaft für die Bildenden Künste ansehen lässt. Dieser soziale und gewerkschaftliche Ansatz findet sich in zahlreichen ihrer Gemälde wieder. So vereinen sich Themen wie Arbeit, Feminismus, Philosophie und Alltagsgeschehen zu einer bildhaften Illus­tration unserer Zeit. Der alte Leitz-Ordner, in dem sich die Künstlerin in die Karten schauen lässt, der ihre Recherchen und Inspirationen versammelt, blättert sich fast ein wenig anachronistisch: farbige und auch schwarzweiße Ausschnitte aus Magazinen stecken in abgegriffenen Klarsichtfolien. Ganz aktuell hingegen ist der stark tagebuchähnliche Charakter ihrer Bildfunde, die oft quadratischen Bildformate erinnern ganz ungewollt an Instagram-Kacheln, die die verschiedenen Interessen einer Person nebeneinander gleichwertig darstellen.