Corona Studios I: Ben Hübsch

Supertramp, Crisis? What Crisis?, Foto: Ben Hübsch
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20. Mai 2020
Text: Ben Hübsch

Ben Hübsch, *1963, lebt und arbeitet in Freiburg i.Br.
benhuebsch.de

Er wird vertreten von der Oechsner Galerie, Nürnberg.

Ben Hübsch B646, 2020, Acryl auf Leinwand, 110 x 200 cm, Courtesy the artist

Beim Stöbern in meiner Plattensammlung fiel mir neulich eine Schallplatte von Supertramp in die Hände. Sie trägt den Titel „Crisis? What Crisis?“ und ist aus dem Jahr 1975.
Ich erinnerte mich, wie ich damals im Alter von 14 oder 15 Jahren die Platte gekauft habe. Die Entscheidung dafür war maßgeblich durch das Cover geprägt, das mir nach wie vor sehr gut gefällt. Das Bild hat nichts an seiner Aktualität verloren — im Gegenteil.

Bei der Recherche nach seinem Ursprung erfuhr ich, dass sich der Titel auf den Film „Der Schakal“ bezieht. Wikipedia gibt folgende Auskunft:
„Der Schakal (Originaltitel: The Day of the Jackal) ist ein britisch-französischer Thriller von Fred Zinnemann aus dem Jahr 1973 mit Edward Fox in der Titelrolle und Michael Lonsdale als dessen Verfolger. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Frederick Forsyth und beschreibt, angelehnt an reale geschichtliche Abläufe (Attentat von Petit-Clamart), die minutiöse Planung eines Attentats auf den französischen Präsidenten Charles de Gaulle durch einen bezahlten Killer und das Katz-und-Maus-Spiel des Attentäters mit der französischen Polizei.“

Diese Kette von Bezügen zeigt das ironische Katastrophenbild auf dem Plattencover nicht und stellt einen neuen Zusammenhang her. Bild und Schrift beziehen sich in diesem Fall also klar aufeinander.
Damals interessierte mich vor allem das Bild. Heute reizt mich der Titel selbst.
Seit Wochen wird ständig und in fast allen Zusammenhängen nur noch von der Krise gesprochen. Auch wenn die derzeitige Lage sehr dramatisch ist, und die ganze Welt davon betroffen ist: Wir Menschen haben oft irgendwelche Krisen. Das fängt im Privaten an und endet im Globalen. Die Frage allgemein zu stellen, ist für mich die Antwort auf die aktuelle Krise.

In meinem Bild B646 verzichte ich auf jegliche Bildinhalte und Satzzeichen. Die Schrift ist das Bild. Ich gestalte es mit drei Zeilen in Großbuchstaben, die sich überlagern. Die Spiegelschrift im Hintergrund macht das Bild räumlich. So verstanden kreist das Wort „Crisis“ um das Wort „What“ herum und stellt eine Bewegung dar. Auf der anderen Seite erinnert die Spiegelschrift an den Spiegel und bezieht so den Betrachter mit ein.

Ich wählte für die Wörter „Crisis“ die Typografie „Rockwell“. Hierbei gefielen mir die ausgeprägten Serifen und das übergroße „C“ und „R“ die fast comicartig den kehligen Laut des Wortes zeigen und nicht weit vom bekannten GRRRR des genannten Genres entfernt sind. „What“ bleibt bildzentral nüchtern und ohne Serifen in „Arial“.
Die Farbe vermittelt auf den ersten Blick poppige Fröhlichkeit, Rot und Orange vibrieren durch ähnliche Helligkeit auf dem türkisfarbenen Hintergrund.

Auch nach dieser Krise wird es weitere Krisen geben, in diesem Sinne:
Let´s rock the crisis.





Corona Studios I ist ein Projekt der Redaktion artline.org,
ermöglicht dank großzügiger Unterstützung vom Kulturamt der Stadt Freiburg