Nick Mauss: Bizarre Silks. Privat Imaginings and Narrative Facts etc.

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12. Februar 2020
Text: Annette Hoffmann

Nick Mauss, Bizarre Silks. Private Imaginings and Narrative Facts etc.
Kunsthalle Basel, Steinenberg 7, Basel.
Dienstag bis Freitag 11.00 bis 18.00 Uhr, Donnerstag 11.00 bis 20.00 Uhr, Samstag und Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr.
Bis 20. September 2020.

www.kunsthallebasel.ch

 

 

In den 1980er Jahren übersetzte Rosemary Mayer (1943-2014) die Tagebücher von Jacopo da Pontormo. Es überrascht, dass eine Künstlerin, die Mitbegründerin einer genossenschaftlichen Galerie ausschließlich für Frauen war, sich ausgerechnet für einen florentinischen Manieristen interessierte. Doch Mayer, die Altphilologie studiert hatte, dachte vielleicht auch an ihre eigene Zeit als sie schrieb: „Die Oberflächen waren einmal klar, aufgeräumt und undurchsichtig, sie beantworteten zuverlässig alle Fragen. Malerei war flach. Die Skulptur hatte Formen mit klar definierten Kanten. Dann auf einmal lösten sich die Formen auf, die Farben wurden blasser und sie begannen sich in eine unbestimmte Atmosphäre aufzulösen.“ Was für Pontormo die Renaissance war, war für Mayer der Minimalismus. Ihre Wandarbeiten und Skulpturen aus Stoff- oder auch Zellophandrapierungen stehen diametral einem Werk wie dem von Donald Judd gegenüber, nicht allein, weil die Faltenwürfe an die Kleidung fast vergessener historischer Frauen erinnert. Es scheint als ob man dem binären Denken von klassisch-unklassisch kaum entgeht. Dabei sucht Nick Mauss (*1980), Künstler und Kurator und nicht das erste Mal zu Gast in der Kunsthalle Basel, auf wirklich verschlungenen Pfaden andere Sichtweisen einzunehmen. Denn die bizarren Seiden des Ausstellungstitels „Bizarre Silks, Private Imaginings and Narrative Facts etc.“ gibt es wirklich. Im 18. Jahrhundert entstanden, waren sie von exotischen Mustern inspiriert. Sie sind der schönste Ausdruck eines Synkretismus, der ohne den Kolonialismus nicht denkbar gewesen wäre und also auch seine dunklen Seiten hat. Irgendwann waren die Zeiten zu nüchtern für so viel Pracht, man trennte die Gewänder auf und gab die Stoffe Kirchen. In der Kunsthalle Basel werden sie nun unter musealen Bedingungen im Halbdunkel präsentiert. Für Mauss materialisiert sich in diesem Gewebe eine Ästhetik jenseits der Norm, sie ist der Leitgedanke für seine Schau.

Nicht alle der 16 Kunstschaffenden, deren Arbeiten hier gezeigt werden, sind neu zu entdecken. So finden sich auch Werke von Konrad Klapheck (*1935) und Hannah Höch (1889-1978). Mauss geht es um ein Mit- und Nebeneinander jenseits des Üblichen. Skulpturen sind als Initiationsarchitektur eines solchen neuen Sehens im Raum installiert. Zwischen Ketty La Roccas (1938-1976) Buchstabenskulpturen und Bea Schlingelhoffs (*1971) Arbeit „Typeface dedicated to and named after Anne-Marie (Im Hof-) Piguet“ werden über Generationen hinweg Verbindungen eingegangen. Ist doch Schlingelhoffs Schrift nach der Schweizer Menschenrechtlerin Anne-Marie Im Hof Piguet benannt und ihr gewidmet, während das „J“ im Französischen immer schon Ausdruck von Subjektivität ist. In der Kunsthalle Basel wird es geradezu zu einem Sinnbild.