Albert Oehlen: In den Ecken und Ritzen

Review > St. Gallen > Lokremise
8. Oktober 2019
Text: Annette Hoffmann

Albert Oehlen, Unfertig.
Lorkremise, Grünbergstr. 2, St. Gallen.
Montag bis Samstag 13.00 bis 20.00 Uhr, Sonntag 11.00 bis 18.00 Uhr.
Bis 10. November 2019.

www.kunstmuseumsg.ch

„Ich, Albert Oehlen“, heißt es da, „nehme auch 2019 noch Lob von der falschen Seite.“ Der Satz Oehlens wäre auch dann eine vergiftete Botschaft, wenn er nicht auf einer Arbeit stände, die er in diesem Jahr nachgemalt hätte. „Lob“, so der Titel der eigentlichen Arbeit, fand sich wohl nicht im Portfolio des Künstlers, der mit „Unfertig“ nun die erste museale Einzelausstellung in der Schweiz zeigt. Dass es die Lokremise des Kunstmuseum St. Gallen geworden ist, passt, denn hier kann Kunst schnell unfertig aussehen. Es ergibt auch insofern Sinn als Albert Oehlen (*1954) zwar eine Schau mit vielen Bezügen auf frühere Arbeiten präsentiert, auch aus jener Zeit als Malerei noch als anachronistisch galt und man dafür nicht unbedingt gelobt wurde, aber seine Bilder sich noch immer recht jung ausmachen. Aber welche Seite wäre denn überhaupt die falsche und welche die richtige?

Albert Oehlen, der seit einigen Jahren im Kanton Appenzell Ausserrhoden in der Schweiz lebt, ist der Inbegriff eines Vertreters des Bad Paintings, wie es in Deutschland in den 1980er Jahren häufig zu finden war. In der Ausstellung sind so einige der alten Arbeiten zu sehen, die wirklich schlecht gemalt sind, aber auch jüngere, die wie Raumteiler durch die Lokremise gespannt sind. Eine abstrakte Komposition und zeitgenössisches und zeitgemäßes All-Over als Print, mit viel Gekritzel und Karostruktur.

Doch man muss dieser Schau auch in die Ecken und Ritzen schauen. Denn da werden der Witz und die Ironie Albert Oehlens offensichtlich. So finden sich frühe Videos einerseits und eine Badezimmerinstallation samt Selbstporträt mit Pinsel im Mund, gestreiftem Bademantel und gehäkelten Klopapierrollenüberzugs andererseits und allerlei Malereiutensilien. Das Arrangement soll seiner Hamburger Atelierwohnung in den 1980er Jahren nach­em­pfunden sein. Man muss das gar nicht loben, aber man kann sich von dieser Malerei gut unterhalten fühlen.